Kurze Worte | Kurze Worte | 28
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Was aber jenen Glücklichen betrifft, so schaut und betrachtet er all jene seltsamen Dinge wie lehrreiche und anregende Beispiele, als ein schreckliches Abenteuer, dessen guter Ausgang von zukünftiger Heilsgewißheit gemildert wird oder als eine Erfahrung, welche ihn die Liebe lehrt. Und weiter noch wird dieser Unglückselige von Einsamkeit, Verzweiflung und Verlassenheit gequält. Der Glückliche hingegen genießt den vertrauten Umgang, er lebt in froher Hoffnung yind sehnsüchtigem Verlangen. Überdies betrachtet dieser Unglückselige sich selbst als einen Gefangenen, bedroht durch die Angriffe wütender Ungeheuer. Doch der Glückliche ist ein hochgeschätzter Gast, der mit den sonderbaren Dienern seines freigebigen Gastherrn, bei dem er zu Gast ist, vertrauten Umgang pflegt und durch die er Freude und Erholung findet. Und außerdem beschleunigt dieser Unglückselige noch seine Strafe durch den Genuß von Speisen, die zwar äußerlich wohlschmeckend erscheinen, in ihrer Wirkung aber innerlich giftig sind. Denn diese Früchte sind lediglich Muster. Man darf zwar von ihnen kosten, so daß man nach deren Originalen Sehnsucht bekommt und sie erwerbenmöchte, sie aber gleich einem Tier zu verschlingen, ist nicht erlaubt. Der Glückliche jedoch kostet sie, begreift, worum es sich handelt und verschiebt ihren Genuß auf später. Das Warten darauf wird ihm durch die Vorfreude versüßt. Dagegen ist dieser Unglückselige auch noch ungerecht zu sich selbst. Eine Wahrheit, schön wie der lichte Tag und seine eigene Lage, die wie ein strahlender Tag ist, überführt er in seiner Uneinsichtigkeit selbst in einen finsteren und grausamen Argwohn, der die Gestalt der Hölle annimmt. So widerfährt ihm nur Gerechtigkeit, wenn die Liebe Gottes (schefkat) ihn nicht anrührt und er hat auch kein Recht, irgendjemanden zu beschuldigen.

Dafür ein Beispiel: Wenn ein Mann zur Sommerszeit in einem schönen Garten inmitten seiner Freunde sich nicht damit begnügt, an einem geselligen Mahl teilzunehmen, es sich gemütlich zu machen und zu genießen, stattdessen seine Sinne mit unreinem Rauschtrank vernebelt und nun in der Vorstellung lebt, er befände sich mitten im Winter hungrig und nackt unter Wölfen und nun zu schreien und zu weinen beginnt, so versteht es sich von selbst, daß er kein Mitleid (schefkat) verdient. Er tut sich selber Unrecht. Er sieht Wölfe in seinen Freunden und beleidigt sie. So ist also die Lage dieses Unglückseligen genauso wie in obigem Beispiel. Was aber den Glücklichen betrifft, so sieht er die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist aber schön. Indem er die Wirklichkeit der Wahrheit gemäß als schön erkennt, gibt er jener Vollendung (kemal) die Ehre, welche dem Herrn (sahib) über alle Wahrheit zu eigen ist. So ist er auch würdig Seines Erbarmens. So offenbart sich hier der Sinn des Lehrsatzes aus dem Quran: «Wisse, daß das Böse aus dir selbst, das Gute aber von Allah kommt.» Ziehst du nun noch weitere, ähnliche Unterschiede zum Vergleich heran, so wirst du verstehen, daß die eigenwillige Seele (nefs-i emmare) des ersteren, ihm innerlich(manevi) Höllenqualen bereitet. Für den anderen aber manifestieren sich durch dessen gute Absicht (niyet), seine gute Vorstellungsweise, seine gute Charakterart und seine guten Gedanken (fikir) eine große Güte, eine Glückseligkeit, ein persönliches Charisma und Gottes reichster Segen (feyz).

kein Ton