Kurze Worte | Kurze Worte | 29
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Oh du meine Seele (nefs)! Und du oh Mensch, der du gemeinsam mit meiner Seele dieser Erzählung zuhörst!

Wenn du kein unglückseliger Bruder werden willst, vielmehr ein glücklicher Bruder werden möchtest, dann höre auf den Quran und folge seiner Weisung! Halte dich fest an ihm! Beachte seine Leitlinien und setze sie in die Praxis um!

Wenn du dir über die Wahrheit, die in diesen Gleichnissen enthalten ist, klar geworden bist, wirst du auch der Bedeutung der Religion, dem Sinn des Lebens, dem Wert des Menschen und der Bedeutung des Glaubens im Alltag zum Durchbruch verhelfen. Das Wichtigste darüber will ich dir hier sagen. Die Feinheiten magst du dir dann selber ausgestalten!

So siehe denn nun! Was die beiden Brüder betrifft, so wird durch den einen von ihnen die Seele (ruh) eines Gläubigen (mu’min) und das Herz eines rechtschaffenen Menschen (salih), durch den anderen die Seele eines Ungläubigen (kafir) und das Herz eines sündigen Menschen (fasyk) dargestellt. Von den beiden Wegen führt der rechte den Weg des Quran und des Glaubens, der linke aber den Weg der Auflehnung und des Unglaubens (kufr). Der Garten, durch den diese Wege führen, ist dieses vergängliche menschliche Gemeinschaftsleben innerhalb der menschlichen Gesellschaft, ihren sozialen Strukturen, ihrer Kultur und Zivilisation, in dem sich Schönes und Schlechtes, Gutes und Böses, Lauteres und Unsauberes beieinander finden. Der Verständige handelt nach dem Grundsatz:

«Nimm das, was dich freudig macht und laß das, was dir Sorge macht!»

und geht im Herzen wohlbehalten (selamet). Die Wüste ist die Erde und das irdische Leben. Der

Löwe bedeutet den Tod und seine Stunde. Die Zisterne bezeichnet den menschlichen Körper und seine Lebensspanne. Und ihre Tiefe von sechzig Ellen ist ein Hinweis auf die sechzig Jahre einer durchschnittlichen Lebensspanne und allgemeinen Lebenserwartung. Was aber den Baum darinnen betrifft, so verkörpert er das menschliche Leben nach seiner Länge und in seiner Substanz. Die beiden Tiere, ein weißes und ein schwarzes, sind der Tag und die Nacht. Der Schlund des Drachens bedeutet das Grab als das Tor zum Zwischenreich (berzah ) und den Weg ins Jenseits. Doch für den Gläubigen ist dies der Rachen, der die Pforten des Kerkers aufreißt und hinaus führt in die Gärten Edens. Das Ungeziefer stellt die alltäglichen Widerwärtigkeiten dar. Doch auf den Gläubigen wirken sie wie der wohlwollend gemeinte Hinweis Gottes und jene Zuwendung des Allbarmherzigen, die ihn davor bewahrt, in den Schlaf der Gottvergessenheit zu verfallen. Was nun die Früchte an dem Baum betrifft, so sind sie die irdischen Gnadengaben, die Gott in Seiner vollkommenen Freigebigkeit gleichsam als eine Speisekarte der jenseitigen Gnadengaben, als Erinnerungsstücke, als Musterbeispiele in der Form von Nachbildungen der Paradiesesfrüchte geschaffen hat, so, als wollte Er Seine «Kunden» damit zum Kauf anregen.

kein Ton