Wort | Siebenundzwanzigstes Wort | 761
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Noch ein Beispiel: Da die Scharia, die islamische Gesetzgebung, nun einmal die eigenwillige Seele erzieht, errichtet sie vor den Überschreitungen der Temperamente eine Sperrmauer. Mit Sicherheit wird nach der shafi´itischen Rechtsschule, deren überwiegende Gefolgschaft Bauern und Halbnomaden und einfache Arbeiter sind, »durch die Berührung einer Frau deren Abdest (rituelle Waschung) ungültig.

Schon ein wenig Unreinheit ist schädlich.«Nach der Hanefitischen Rechtsschule, der die Menschen folgen, die in der Überzahl ein gesellschaftliches Leben führen und eine halbzivilisierte Form zeigen, »macht die Berührung einer Frau den Abdest (rituelle Waschung) nicht ungültig. Ein wenig Unreinheit wird gebilligt.«

Nun wollen wir einen einfachen Arbeiter mit einem Herrn vergleichen. Ein Arbeiter kann wegen der Art, in der er sich seinen Lebensunterhalt verdient, mit fremden Frauen Umgang haben, und mit ihnen in Berührung kommen, sich um einen Herd zusammensetzen und schmutzige Arbeit verrichten. Dabei kann in seinem Berufsleben und (im Erwerb) seines Lebensunterhaltes sein Temperament und seine herrschsüchtige Seele eine freie Bahn erspähen und ihre Grenzen überschreiten. Darum lässt die Scharia in seinem inneren Ohr ein Echo vom Himmel klingen, um gegen seine Überschreitung eine Sperrmauer zu errichten, in dem sie über ihn bestimmt: »Der Abdest (rituelle Waschung) wird ungültig, meide den Berührungskontakt! Mach dich nicht schmutzig, es macht dein Gebet ungültig!« Was aber einen Herrn betrifft, der ehrenhaft sein soll, so braucht er wegen der gesellschaftlichen Sitten und im Namen der allgemeinen Moral mit fremden Frauen keinen Umgang zu haben. Aus der Verpflichtung zur Sauberkeit als ein Zivilisierter muss er nicht in diesem Grade schmutzige Arbeiten verrichten. Darum verhält sich die Scharia durch die Hanefitische Rechtsschule ihm gegenüber nicht heftig und streng. Sie zeigt ihm die Richtung der Billigung und macht es ihm leichter. »Wenn deine Hand mit einer Frau in Berührung gekommen ist, wird dein Abdest nicht ungültig. Es ist dir nicht nachteilig, wenn du dich nach einer Schmutzarbeit vor den Menschen schämst und dich nicht wäschst. Ein wenig Unreinheit wird gebilligt.« So sagst sie ihm und rettet ihn vor dem Zweifel.

Hier sind als Beispiel für dich zwei Tropfen aus dem Meer... Vergleiche diese mit anderen. Mit (Hilfe des Buches) »Scharanis Waage« kannst du die Maße der Scharia auf diese Weise messen, wenn du dazu imstande bist.

kein Ton