Wort | Siebenundzwanzigstes Wort | 770
(750-777)

Was aber die größte Gottesfreundschaft betrifft, welche auf dem Erbe des Prophetentums und der Treue zu ihm beruht, welche die Gottesfreundschaft der Sahabis war, so kann sie, auch wenn ein Veli (= ein Sufi) sie erwirbt, dennoch nicht gleichwertig mit dem Maqam der Sahabis sein, welche die erste Reihe bilden. Wir wollen hier nun drei der verschiedenen Aspekten erklären, die diesen dritten Grund betreffen.

Erster Aspekt: Was die Idjtihad betrifft, das heißt, seine Meinung an Hand des Gesetzes herauszukristallisieren (istinbat-i ahkam), das heißt das Wohlwollen Gottes des Gerechten von seinem Wort her zu verstehen, so kann man heute den Gefährten des Propheten nicht gleich werden. Denn in der damaligen großen Umwandlung des Gottesbegriffes, drehte sich alles darum, den Willen des Herrn und die Gesetze Gottes zu verstehen. Alle Gedanken waren auf diese istinbat-i ahkam hin ausgerichtet. Die Herzen aller fragten sich interessiert: »Was ist es, was unser Herr von uns verlangt?«

Die Umstände jener Zeit brachten es mit sich, dass diese Gegebenheiten förmlich zu riechen und zu spüren waren. Alle Gespräche kreisten um dieses Thema als ihrem Inhalt. Da nun alles und jedes, Gespräche, Unterhaltungen und Erzählungen damals in der Weise verliefen, dass sie all diese Bedeutungen gewissermaßen unterrichteten, vervollkommneten sich deshalb die Fähigkeiten der Sahabis und ihre Gedanken wurden erleuchtet. Ihre Fähigkeit zu Idjtihad und Istinbat waren wie ein Streichholz (aufzuflammen) bereit und zu leuchten. Die Stufe seiner Istinbat und Idjtihad, die ein Sahabi damals an einem Tag oder in einem Jahr erworben hatte, kann daher ein Mann, der genauso klug und begabt wie diese Sahabis sein könnte, in heutiger Zeit in zehn ja sogar in hundert Jahren nicht erwerben.

Denn: Heute steht statt der Ewigen Glückseligkeit das irdische Glück im Mittelpunkt aller Betrachtungen. Die Aufmerksamkeit der Menschen ist auf andere Ziele gerichtet. Unterhaltssorgen aus Mangel an Gottvertrauen vernebeln den Geist, die materialistisch-naturalis-tische Philosophie schlägt den Verstand mit Blindheit. Gleich wie das soziale Umfeld des Menschen seinem Verständnis und seiner Begabung keine Kraft zur Idjtihad verleiht, so lässt sie diese vielmehr sich versprengen und zerstreuen. In dem Kapitel des »Siebenundzwanzigsten Wortes« über Idjtihad, wo Sufyan ibn Uyaina mit einem anderen, kongenialen Geist verglichen wurde, hatten wir bewiesen: Das, was Sufyan in 10 Jahren erworben hatte, kann ein anderer auch in hundert Jahren nicht erwerben.

kein Ton