Wort | Zehntes Wort - Zweites Kapitel | 70
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In ähnlicher Weise kann kein Haus ohne Baumeister entstanden sein, besonders ein Haus, das mit solch wunderbaren Kunstwerken, staunenswerten Ornamenten, einzigartigen Verzierungen ausgestattet wurde, und besonders dann, wenn in jedem Stein so viel Kunstfertigkeit enthalten ist wie in einem ganzen Schloss. Kein vernünftiger Mensch kann akzeptieren, dass es ohne Baumeister entstanden sein sollte. Es erfordert einen sehr geschickten Künstler. Mehr noch: In diesem Schloss werden jede Stunde, wie auf der Leinwand eines Kinos, in schönster Ordnung wahrhafte Wohnstätten gebildet und wieder ausgewechselt, so wie man ein Kleid wechselt, ja, sogar innerhalb jeder Szene dieser Wirklichkeit werden zahllose winzige Wohnstätten ins Dasein gerufen.

Genauso erfordert auch dieses Universum einen allwissenden, allweisen und allmächtigen Baumeister. Denn dieses grandiose Universum ist ein solches Schloss, in dem Sonne und Mond die Lampen, die Sterne die Kerzen sind, die Zeit aber ein Seil oder eine Spule, durch die der königliche Baumeister in jedem Jahr eine andere Welt zur Aufführung bringt. In dieser so vorgeführten Welt erneuert Er die Bilder wohlgeordnet auf dreihundertsechzig Arten. In schönster Ordnung und Weisheit wechselt Er sie. Er hat das Antlitz der Erde zu einem Gabentisch gemacht, den Er in jedem Frühling mit dreihunderttausend Arten Seiner Geschöpfe deckt. Er überhäuft ihn mit Gnadengaben ohne Zahl und Maß. Dies geschieht in der Weise, dass sie sich, obwohl voll und ganz, untereinander und miteinander vermischt, doch wieder bis hin zur allerletzten Stufe voneinander trennen. Zieht man nun auch noch andere Gesichtspunkte zum Vergleich heran, wie kann man dann noch den Baumeister eines solchen Schlosses unbeachtet lassen?

Was wäre das zudem für ein höchst sonderbares und törichtes Geschwätz, wollte man mitten an einem wolkenlosen Tage die Sonne leugnen, während sich doch der Sonnenschein im Meer spiegelt, und man in jedem Tropfen seine Reflektierungen beobachten kann? Denn wollte man diese eine einzige Sonne leugnen und ihre Existenz bestreiten, dann müsste man entsprechend der Fülle der Tropfen, der Menge der Bläschen, der Zahl der Teilchen eben so viele kleine reale und originäre Sonnen annehmen. Wollte man aber von der Notwendigkeit ausgehen, anzunehmen, dass sich eine Riesensonne real in einem Stäubchen (in dem doch nicht mehr als ein Stäubchen Platz hat!) zusammengequetscht befände, so wäre das ebenso, als wollte man angesichts dieser Ordnung in der Natur, die sich ständig mit den Jahreszeiten in Weisheit verwandelt und reibungslos erneuert, nicht bestätigen, dass da ein Schöpfer ist, dessen Attribute Majestät und Vollkommenheit sind.

kein Ton