Blitz | Einundzwanzigster Blitz | 233
(229-240)

(Doch es sind Schläge von liebender Hand, die euch den Zehnten Blitz wieder in Erinnerung rufen sollen.) Wenn ihr euch derartige hervorragende Leute zu eurer Unterstützung als Lehrer über euch wünscht, dann bemüht euch um vollkommene Wahrhaftigkeit nach dem Geheimnis

»Sie geben euren Brüdern den Vorzug vor sich selbst.« (Sure 59, 9)

Der Seele eurer Brüder sollt ihr vor eurer eigenen Seele hinsichtlich der Würde, dem Rang, dem Wohlwollen der Leute, ja sogar der materiellen Vorteile und solcher Dinge den Vorzug geben, die eurer Seele angenehm erscheinen. Ja, einem Gläubigen eine tiefgreifende Glaubenswahrheit, deren er bedarf, in ihrer ganzen Schönheit darzulegen, ist sogar mit aller kindlichen Unschuld von großem Nutzen ohne jeden Schaden. Soweit möglich solltet ihr euch freuen, wenn ihr einen Kollegen, der eigentlich gar nicht möchte, doch noch dafür gewinnen könnt, damit eure Seele nicht der Selbstzufriedenheit anheim falle. Wenn ihr den Wunsch habt: »Ich will etwas Verdienstvolles tun. Ich möchte über dieses schöne Thema sprechen.« Dann ist das so weit noch keine Sünde und kein Fehler. Doch kann dies dem Geheimnis der Wahrhaftigkeit unter euch zum Schaden gereichen.

Vierter Grundsatz: Die Vorzüge eurer Brüder sollt ihr eurer eigenen Persönlichkeit zugehörig und ihre Tugenden als in euch selbst befindlich vorstellen und in ihrer Würde (berechtigterweise) stolz und dankbar sein. Die Mystiker verwenden unter sich die Fachbezeichnungen: »in der Seele seines Lehrers aufgehen« und »in der Persönlichkeit des Gesandten Gottes Mohammed, mit dem Friede und Segen sei, aufgehen«.

Ich bin kein Sufi. Aber ihr Grundsatz ist auch auf unserem Weg ein schöner Grundsatz und heißt: »in der Persönlichkeit der Gemeinschaft der Brüder aufgehen«. Unter den Mitbrüdern nennt man es »tefani«. Das heißt: Sich aufgeben und ineinander auflösen. Mit anderen Worten: »Seine eigenen egoistischen Gefühle soll man vergessen und in den Vorzügen und Empfindungen seiner Mitbrüder gedanklich mitleben.« Grundlage unseres Weges ist ja die Bruderschaft. Sie ist nicht das Band zwischen Vater und Sohn, auch nicht zwischen Scheich und Murid, sondern das Band wahrhaftiger Bruderschaft. Da kann es dann höchstens noch einen Lehrer (im Sinne eines älteren Bruders – A.d.Ü) dazwischen geben. Damit unser Weg »Freundschaft« sei, ist es unsere Lebensart »Freund zu sein«. Was aber eine Freundschaft erfordert, ist, ein besonders nahe stehender Freund, ein zu jedem Einsatz bereiter Kamerad, ein über alles schätzenswerter Gefährte und ein vertrauenswürdiger und zuverlässiger Bruder zu sein.

kein Ton