Blitz | Sechsundzwanzigster Blitz | 331
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die Kinder in einer überaus wunderbaren Ausdrucksweise in fünf Hinsichten zum Respekt und zur Liebe den alten Müttern und Vätern gegenüber aufruft, und da die Religion des Islam nun einmal Respekt und Güte den Alten gegenüber befiehlt, und da die Menschlichkeit in ihrem Wesen den Respekt und die Barmherzigkeit den Alten gegenüber erfordert,

bekommen wir Alten auf jeden Fall anstelle von einem vorübergehenden materiellen Genuss, welcher der Genussfähigkeit der Jugend entspricht, die Barmherzigkeit und den Respekt, welche geistig, beständig und wertvoll sind und aus der Güte Gottes und aus dem Mitgefühl erwächst, und die geistigen Freuden, die aus dieser Barmherzigkeit und diesem Respekt herrühren. Daher sollen wir dieses unser Altsein gegen hundert Mal Jugend nicht tauschen. Ja, ich versichere euch, dass ich, könnte man mir zehn Jahre Jugend des Alten Said zurückgeben, kein Jahr von dem jetzigen Zustand des Neuen Said in seinem Alter abgeben würde. Mit meinem Alter bin ich zufrieden. Ihr sollt auch mit eurem zufrieden sein.

Zehnte Hoffnung

Einmal aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, übermannte mich in Istanbul für ein, zwei Jahre wieder die Sorglosigkeit. Das politische Klima hatte mir den Blick von mir selbst hinweg gehoben und in alle Winde zerstreut. So saß ich eines Tages in Istanbul an hoher Stelle im Eyyub Sultan Friedhof und blickte hinunter in den Bach. Ich ließ meine Blicke über Istanbul hinweg bis zum Horizont schweifen. Plötzlich sah ich, wie mir meine persönliche Welt starb. Es kam mir eine Phantasievorstellung, so als zöge sich gewissermaßen mein Geist hinweg. Ich sagte mir: »Bringen mir etwa die Inschriften auf den Grabsteinen dieses Friedhofes solche Phantasievorstellungen?« Ich zog meinen Blick wieder zurück, ließ ihn nicht in die Ferne schweifen, sondern richtete ihn auf den Friedhof. Mein Herz wurde gemahnt: »In diesem Friedhof um dich herum ist hundert Mal Istanbul. Denn hundert Mal wurde Istanbul hierher entleert. Du kannst dich nicht vor dem Urteil des Allmächtigen Königs retten, der die Einwohner von ganz Istanbul hierher entleert hat, und eine Ausnahme bilden. Auch du wirst gehen!« Ich verließ den Friedhof und trat in dieser fürchterlichen Vorstellung in ein kleines Zimmer der Eyyub Sultan Moschee ein, wie ich das schon oft getan hatte. Ich dachte mir, dass ich in dreifacher Hinsicht ein Gast bin: So wie ich in diesem Zimmer hier ein Gast bin, so bin ich ein Gast auch in Istanbul, ein Gast auch in dieser Welt. Ein Gast muss auf den Weg achten. Wie ich aus diesem Zimmer weggehen werde, so werde ich eines Tages auch aus Istanbul weggehen, eines Tages auch aus der Welt weggehen.

kein Ton