Wort | Einundzwanzigstes Wort - Die Wunden des Herzens | 395
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Schau also, welch großen Verlust der erleidet, der das Gebet vernachlässigt und welch bedeutenden Reichtum er dadurch verliert. Von diesen beiden Ergebnissen, aus denen ihm Freude erwächst und von den beiden Quellen, aus denen er eine große geistige Kraft für seine Arbeit erhält, bleibt er ausgeschlossen und geht zu Grunde. Ja im Alter verliert er sogar die Freude an seiner Arbeit im Garten, wird ihrer überdrüssig. »Was geht es mich an?«, sagt er... »Ich gehe ohnehin aus dieser Welt. Warum soll ich dann so viele Mühe darauf verwenden?« So verfällt er der Faulheit.

Doch der erste Mann sagt: »Ich werde mich in meinem Dienst für Gott noch mehr einsetzen und mich um die erlaubten Früchte der Arbeit bemühen, sodass ich noch mehr Licht in mein Grab senden werde. Ich werde für mein Leben im Jenseits einen noch größeren Vorrat anlegen.«

Zusammenfassung: Oh meine Seele! Wisse, dass der gestrige Tag deinen Händen entglitten ist. Was aber den morgigen betrifft, so hast du in deiner Hand keine Garantie dafür, dass er dir gehören wird. Wenn dies aber so ist, so wisse, dass dein wahres Leben in dem Tag zu finden ist, in dem du lebst. Darum verbringe auf jeden Fall wenigstens eine Stunde täglich in der Mosche oder auf deinem Gebetsteppich. Das wird für dich so sein, als habest du sie in eine Sparbüchse des Jenseits für deine wahre Zukunft gelegt. Und überdies wisse, dass jeder neue Tag ein Tor zu einer neuen Welt ist für dich und für jedermann. Wenn du das Gebet nicht verrichtest, wird deine Welt an jenem Tage in Finsternis und Verwirrung an dir vorbeigleiten. Dieser Tag wird in der Welt der Beispiele (alem-i misal) als ein Zeuge gegen dich auftreten. Denn ein jeder lebt täglich in einer eigenen Welt innerhalb dieser unserer Welt. Diese Welt gestaltet sich entsprechend dem Herzen und den Handlungen des Menschen. Denn ein königliches Schloss, das man in einem Spiegel betrachtet, nimmt die Farbe dieses Spiegels an. Ist dieser schwarz, sieht es auch schwarz aus. Ist er rot, sieht es auch rot aus. Außerdem ist das Aussehen des Schlosses auch noch von der Form des Spiegels abhängig. Ist das Spiegelglas eben, wird es das Schloss gut abbilden. Ist es uneben, wird das Spiegelbild verzerrt sein. So wie sich dir die feinsten Dinge vergröbert zeigen, so kannst du deine eigene kleine Welt mit dem Herzen, mit dem Verstand, mit deiner Seele, durch deine Handlungen verändern und gestalten. Sie wird dann für dich oder gegen dich Zeugnis ablegen. Wenn du betest und dein Antlitz im Gebet dem Baumeister dieser Welt in Seiner Majestät (Sani-i Dhu l-Djelal) zuwendest, wirst du diese deine kleine Welt plötzlich erleuchtet finden. Es ist, als sei das Gebet eine elektrische Lampe und deine Absicht (niyet) zu beten wie die Bedienung ihres Schalters, so dass die Dunkelheit dieser Welt weichen muss. So zeigt es sich, dass die so chaotischen und so verwirrenden Zustände in dieser Welt, all die Bewegungen und Veränderungen in diesem Tohuwabohu in Wirklichkeit Ausdruck weisheitsvoller Ordnung sind, ein Schriftzug der Macht voll tiefer Bedeutung. So fällt aus dem Licht der Ayah:

kein Ton