Wort | Einundzwanzigstes Wort - Die Wunden des Herzens | 398
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Erster Aspekt - erste Wunde: Der Teufel wirft zunächst einen Verdacht in das Herz. Wenn das Herz ihn nicht bestätigt, verwandelt sich der Verdacht in eine Beleidigung um. In der Phantasie stellen sich manche unsaubere Gedanken und schamlos unsittlich schmutzige Bilder, einer Beleidigung ähnlich, vor die Seele. Dies bringt das Herz dazu, »Oh weh!« zu rufen. Es stürzt in Verzweiflung. So kommen denn dem Menschen seine Zweifel und er argwöhnt, dass sich sein Herz vor seinem Herrn im Zustande der Lasterhaftigkeit befindet. Er empfindet eine schreckliche Aufregung, ja Panik... Um sich vor ihr zu retten, flieht er Gottes Gegenwart (huzur), möchte in Gottvergessenheit (gaflet) tauchen. Die Salbe für diese Wunde ist folgende:

Sieh einmal, du armer, von Zweifeln geplagter Mensch! Bleib ruhig! Denn was in deiner Vorstellung auftaucht, das ist gar keine Beleidigung, sondern reine Phantasie. So wie ein nur vorgestellter Unglaube kein Unglaube ist, so ist auch eine nur vorgestellte Beleidigung gar keine Beleidigung. Denn logischerweise ist eine bloße Vorstellung noch keine Verurteilung. Nur eine Beleidigung ist ein Urteil. Überdies aber sind diese Schimpfwörter nicht die Worte deines Herzens. Denn dein Herz ist über sie bekümmert, betrübt. Sie entstammen vielmehr jenem Teufelspunkt in der Nähe des Herzens. Der Schaden, den die Einflüsterung verursacht ist der Schaden der Phantasie, d.h. dadurch, dass man sich den Schaden in seiner Phantasie vorstellt, fügt man seinem Herzen einen Schaden zu. Denn man stellt sich eine Einbildung ohne Urteilskraft als eine Tatsache vor. Zudem macht man die Sache des Teufels zu seiner eigenen und schreibt sie seinem Herzen zu. Man meint, dass sein Wort von da käme. Man begreift den Schaden, verfällt dem Schaden. Das aber ist genau das, was der Teufel wollte.

Zweiter Aspekt ist folgender: Gedanken, wenn sie im Herzen aufsteigen, werden von der Phantasie bekleidet, weil sie bildlos und nackt sind. Es liegt in der Natur der Phantasie, dass sie stets unter irgendeinem Vorwand irgendwelche Bilder webt.

kein Ton