Wort | Vierundzwanzigstes Wort - Fünf Äste des Lichtbaume | 539
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Da dies nun einmal so ist, sollst du deine Angst und deine Liebe dem zuwenden, vor dem deine Angst zu wohltuender Hingabe wird. Deine Liebe soll mit einer Freude verbunden sein, die nicht erniedrigt. Sich vor dem majestätischen Schöpfer zu fürchten, heißt in der Tat, einen Weg zu der Liebe Seiner Barmherzigkeit zu finden und bei Ihm seine Zuflucht zu nehmen. Furcht ist eine Peitsche. Sie wirft dich an die Brust Seiner Barmherzigkeit. Bekanntlich macht ja eine Mutter ihrem Kindlein Angst, damit es sich in ihren Schoß flüchtet. Diese Angst ist für ihr Kindlein ganz besonders angenehm. Denn die Barmherzigkeit (shefqat) lässt es sich in ihren Schoß flüchten. In Wirklichkeit gleicht aller Mütter Liebe und Zärtlichkeit einem Blitzstrahl der Barmherzigkeit Gottes. Also liegt in der Gottesfurcht ein überwältigender Wohlgeschmack. Wenn sich in der Gottesfurcht ein solcher Wohlgeschmack findet, wird es offensichtlich, welch ein grenzenloser Wohlgeschmack sich in der Liebe Gottes findet. Des Weiteren rettet sich der, der sich vor Gott fürchtet, vor den erbärmlichen und unheimlichen Ängsten. Und da seine Liebe zur Schöpfung im Auftrag Gottes ist, endet sie auch nicht in Trennung und Leid.

In der Tat liebt der Mensch zuallererst seine eigene Seele, danach seine Verwandten, dann sein Volk, dann die lebendigen Geschöpfe, dann das Universum und die ganze Welt (dunya). Mit jedem dieser Kreise fühlt er sich verbunden. Er freut sich in ihren Freuden und leidet in ihren Leiden. Da aber nun im Tohuwabohu dieser Welt und ihren Wirbelstürmen nichts von Bestand ist, wird des Menschen hilfloses Herz zu allen Zeiten verwundet. Alle Dinge, die an seinen Händen festkleben, reißen ihm die Hände ab, wenn sie von ihm gehen, ja reißen sie ihm in Stücke. Ständig lebt er in seinem Leid oder trunken von seiner Gottvergessenheit. So ist das nun einmal, du meine Seele! Wenn du Verstand hast, sammle alle diese o.g. Arten der Liebe, schenke sie ihrem wahren Eigentümer und rette dich von diesen Leiden. Solch grenzenlose Liebe gebührt dem Herrn grenzenloser Vollkommenheit und Schönheit. In dem Augenblick, in dem du sie ihrem wahren Eigentümer geschenkt hast, in dem Augenblick kannst du alle Dinge in Seinem Namen und als Seine Spiegelungen lieben, ohne (ihretwegen) zu leiden. Das heißt, man soll seine Liebe nicht unmittelbar und direkt an die Schöpfung weggeben. Anderenfalls wird die Liebe, die doch das schönste Geschenk (der Gnade) ist, zu peinvoller Verhöhnung werden.


kein Ton