Wort | Neunundzwanzigstes Wort - Zweites Kapitel | 791
(788-821)

»Ich bin ein mit Bewusstsein begabter Mensch«? Ja könnte man denn in der Tat über den Herrn, den majestätischen Allweisen, den Erhalter (Hafiz), für den es Niedergang und Verfall nicht gibt, der das Programm eines riesigen Baumes, das in gewissem Grade dem Geist ähnlich ist, und das Gesetz seines Aufbaus noch in seinem kleinsten Kern, so klein wie ein Punkt, speichert und bewahrt, sagen: »Wie kann Er die Seelen (ruh) der Verstorbenen bewahren (bis zum jüngsten Tag)?«

Die erste Quelle kommt von innen heraus. Das heißt: jeder, der sich (nefs) und sein Leben aufmerksam betrachtet, versteht in ihm den Geist, der bleibt und besteht. In der Tat bleibt die Seele (eines jeden Menschen = ruh), obwohl sie so viele Körper gewechselt, wie sie Jahre gelebt hatte, ganz offensichtlich weiter so bestehen so wie sie war. Weil dies aber nun einmal so ist und der Körper kommt und geht, hat selbst der Tod, der ihn nackt und bloß werden lässt, keinen Einfluss auf das Fortbestehen der Seele und zerstört sie in ihrem Wesen nicht. Sie wechselt nur während der Spanne ihres Lebens ihr Kleid, ihren Körper schrittweise aus. Dies geschieht im Tode jedoch (nicht schrittweise sondern) plötzlich. Durch überaus sichere Eingebung, ja sogar Beobachtung steht fest, dass der Leib durch die Seele besteht. Weil dies aber so ist, besteht nicht die Seele durch ihn, vielmehr besteht der Geist (ruh) frei und unabhängig aus sich (nefs) selbst. Mag nun der Körper (durch den Stoffwechsel) abgebaut oder wieder aufgebaut werden, es belastet dies nicht die Unabhängigkeit (der Seele), vielmehr ist der Leib ein Haus und Nest für die Seele, aber nicht ihr Kleid. Vielmehr ist das Kleid der Seele eine feine Hülle, ein Spiegelleib, welcher einerseits über eine gewisse Festigkeit verfügt, andererseits aber in seiner Feinheit der Seele entspricht. Daher kommt es, dass (die Seele) im Tode nicht vollständig nackt ist, sie entfliegt vielmehr ihrem Nest aus und schlüpft in ihren Spiegelleib.

Die zweite Quelle kommt von außen, das heißt: Es ist dies eine Art Urteil, das sich aus Erfahrung, aus wiederholten Feststellungen, infolge verschiedener Vorkommnisse und wiederholter Erfahrungen gebildet hat. Ist es erst einmal klar geworden, dass auch nur eine einzige Seele nach dem Tod fortbesteht, so erfordert dies, dass alle Seelen fortbestehen. Denn nach den Lehren der Logik steht fest: von einer essentiellen Eigenschaft, die bei dem einen Exemplar bezeugt wurde, schließt man auch bei allen anderen Exemplaren auf die Existenz dieser Eigenschaft. Denn, sie ist essentiell und das, was essentiell ist, findet sich in allem Einzelnen.

kein Ton