Brief | Neunter Brief | 44
(41-46)

Wenn der Mensch also, wie diese drei Beispiele zeigen, die dem Menschen gegebenen geistigen Anlagen zugunsten seiner eigenen Seele (nefs) und für weltliche Zwecke missbraucht und sich in seiner Gottlosigkeit so verhält, als würde er für ewig in dieser Welt verweilen, so werden sie zu einer Quelle der niederen Gesittung, der Verschwendung und der Sinnlosigkeit. Setzt er sie jedoch nur in abgeschwächter Form für die weltlichen Dinge.... jedoch mit ganzer Kraft für Dinge, die das Jenseits und die geistige Welt betreffen, so werden sie ihm zu einer Quelle lobenswerter Gesittung, entsprechend der Weisheit und Wahrhaftigkeit und dadurch Anlass für die Glückseligkeit in beiden Welten. So stelle ich mir also vor, dass ein Grund dafür, dass die Vorschläge von Ratgebern in unserer Zeit wirkungslos verhallt sind, darin zu suchen ist, dass sie den sittenlosen Menschen sagen: »Beneidet nicht! Seid nicht gierig! Hasst nicht! Seid nicht verbohrt! Liebt die Welt nicht!« Das heißt, dass sie ihnen vorschlagen, ihre Natur zu verändern, was ihnen als scheinbar unmöglich vorkommt. Sagten sie ihnen statt dessen lediglich: »Gebt doch diesen (emotionalen Energien) einen guten Aspekt; kehrt ihre Stromrichtung um!« So hätte dieser Rat Erfolg und wäre zugleich ein Vorschlag im Rahmen ihrer Entscheidungsmöglichkeiten...

Viertens: Die Unterschiede zwischen »Islam« und »Glaube« sind seit langem ein Diskussionsthema unter den Gelehrten. Ein Teil von ihnen sagt: »beides ist das gleiche«, ein anderer Teil »beides ist nicht das gleiche; doch das eine kann ohne das andere nicht sein« und noch viele andere ähnliche Gedanken geäußert. Ich selbst habe den Unterschied zwischen beiden so verstanden:

Der Islam ist eine Wahl, der Glaube eine Gewissheit . Mit anderen Worten: Islam(iyet) ist Parteinahme für die Wahrheit, Hingabe an sie und Gehorsam ihr gegenüber. Der Glaube (iman) hingegen ist die Annahme und Bestätigung dieser Wahrheit. Ich habe einmal einige Atheisten getroffen, die mit Eifer für die Anordnungen im Qur’an Partei ergriffen. Das heißt, dass diese Atheisten dadurch, dass sie für die Wahrheit (Haqq) Partei ergriffen, zur Islam(iyet) gelangt sind, weshalb man sie als atheistische Moslime bezeichnen könnte. Später habe ich dann einige Gläubige getroffen, die nicht für die Anordnungen im Qur’an Partei ergreifen wollten, dies für unnötig hielten... Dies würde also dem Ausdruck »nicht-moslimische Gläubige« entsprechen.

Könnte also ein Glaube ohne Islam(iyet) etwa ein Mittel zur Rettung sein?

kein Ton