Brief | Neunzehnter Brief | 135
(118-299)

Ein weiterer Grund für Hasret Alis verspätetes Kalifat war zudem dieser: In einer Zeit, da bereits jene Ereignisse am Horizont aufstiegen, die dann später zu einer Spaltung führen sollten, wozu der wechselseitige Einfluss vieler verschiedener Völker geführt hatte, so wie es der Prophet, mit dem Friede und Segen sei, vorausgesagt hatte, Völker, die in sich schon die Keime zu den Ideen trugen, die sich dann in dreiundsiebzig Richtungen* fortentwickelten, musste jemand da sein, der wie Hasret Ali mit seinem wunderbaren Mut und Scharfsinn als ein Herr in der Autorität der Hashimiten, aus dem Hause des Propheten (Al-i Beyt), Macht und Respekt besaß, um dem widerstehen zu können. Genau dies tat er... entsprechend der Voraussage des Ehrenwerten Gesandten, mit dem Friede und Segen sei: »Ich habe mich während der Herabkunft des Qur’an eingesetzt und gestritten, du wirst während seiner Ausdeutung streiten und dich einsetzen.«*

Wäre Hasret Ali nicht da gewesen, so hätte zudem noch die Möglichkeit bestanden, dass die rein irdische Königsherrschaft die ganze Dynastie der Omajaden vollständig vom rechten Wege abgebracht hätte. Da sie sich jedoch Hasret Ali und dem Hause des Propheten (Al-i Beyt) gegenüber sahen, strebten alle die Führer des Omajadengeschlechtes danach, wenn auch nicht immer persönlich, so doch in jedem Falle dadurch, dass sie ihre Untertanen und Anhänger dazu anspornten und ermunterten, schon um des Gleichgewichtes willen und um ihr Ansehen in den Augen der Muslime aufrecht erhalten zu können, nolens volens jedoch mit ganzer Kraft, danach die islamischen Wahrheiten, die Glaubenslehren und die qur’anischen Gesetze zu bewahren und zu verbreiten. So haben sie hunderttausende von Kritikern, Exegeten und Hadithgelehrten, reine, heilige und vollendete Persönlichkeiten, herangebildet. Hätte es ihnen gegenüber nicht die machtvolle Heiligkeit, den Glauben (diyanet) und die Vollendung des Al-i Beyt gegeben, sie wären – wie die Dynastie der Abbassiden und Omajaden nach ihnen – von allem Anfang an ihren eigenen Weg gegangen.

Man könnte sagen: Weshalb ist das islamische Kalifat nicht bei der Familie des Propheten (Al-i Beyt) geblieben? Eigentlich waren sie diejenigen, die am besten dafür geeignet waren und es gebührte ihnen auch.

Antwort: Die irdische Königsherrschaft ist verführend. Das Haus des Propheten war beauftragt damit, die islamischen Wahrheiten und die qur’anischen Gesetze zu bewahren. Wer Kalifat oder Königsherrschaft besteigt, soll entweder so rein sein wie ein Prophet, oder eine außerordentliche Entbehrung von irdischen Interessen gehabt haben wie die (ersten vier) rechtgeleiteten Kalifen (Hulefa-i Rashidin), Omar ibn Abdulasis der Omajade und Mahdi der Abbaside, damit er keiner Verführung unterliegen konnte. In der Tat zeigte uns die Dynastie der Fatimiten, die in Ägypten auf den Namen des Hauses des Propheten gegründet worden war, und die Regierung der Muvahhidin (Ein-Gott-Gläubigen) in Afrika und die Dynastie der Safewiden in Iran, dass die irdische Königsherrschaft bei dem Haus des Propheten nicht dienlich ist.

kein Ton