Brief | Achtundzwanzigster Brief | 478
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Zweitens: Kenner der Wahrheit befürworten es nicht gerade, sich auf eine (nach dem Zufallsprinzip ausgewählte) Stelle im Qur’an als Orakel oder Deutung eines Traumes zu verlassen, denn der Weise Qur’an schlägt die Leute des Unglaubens häufig und heftig. Wenn sich also ein solches Orakel in all seiner Strenge gegenüber den Ungläubigen einem Menschen zeigt, der gerade einen solchen Orakelspruch sucht, treibt es ihn in die Verzweiflung, bringt es sein Herz in Verwirrung. Auch Träume, selbst wenn sie gut sind, erscheinen manchmal als böse, weil sie als der Wahrheit entgegengesetzt betrachtet werden, bringen zur Verzweiflung, zerstören die moralische Kraft, verführen zu negativer Deutung.

Es gibt viele Träume, die nach Form und Inhalt schrecklich, verletzend oder unrein, ihrer Bedeutung und Auslegung nach aber sehr schön sind. Da nicht jeder den Zusammenhang zwischen einem Traum, seiner Form, seiner Wahrheit und seiner Bedeutung finden kann, wird er unnötig ängstlich, verzweifelt, traurig und besorgt. Es ist einzig und allein aus diesem Grunde, dass ich anfänglich wie die Kenner der Wahrheit und nach dem Beispiel von Imam Rabbani gesagt habe

»Ich bin weder die Nacht, noch liebe ich die Nacht.«

Drittens: Einer wahren Überlieferung entsprechend zeigte sich eines von vierzig Merkmalen des Prophetentums in Form eines wahren Traums im Schlaf. Das heißt, dass Träume sowohl wahr sind, als auch verbunden mit der Aufgabe der Erfüllung des Prophetentums. Diese dritte Anmerkung ist besonders wichtig, sehr lang, mit dem Prophetentum verbunden und zudem auch tiefschürfend. Wir wollen sie für ein andermal aufheben und öffnen diese Türe jetzt nicht.

Viertens: Träume sind von dreierlei Art. Zwei von ihnen sind nach den Worten des Qur’an

»...wirre Träume.« (Sure 12, 44)

In diesen mit eingeschlossen sind sie es nicht wert, erklärt zu werden. Auch wenn sie einen Sinn haben, sind sie nicht wichtig. Entweder stellt die jeweilige Person infolge einer Abweichung in der Stimmung und kraft ihrer Einbildung entsprechend ihrer Krankheit etwas zusammen und schildert es dann, oder diese Einbildungskraft ruft irgendein aufregendes Ereignis des gleichen Tages oder davor, ja sogar eines, das ihn zu gleicher Zeit ein, zwei Jahre zuvor getroffen hat ins Gedächtnis, verformt und verändert es und gibt ihm wieder eine andere Gestalt. So sind denn auch diese beiden Arten

kein Ton