Wort | Zweiunddreißigstes Wort | 996
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Was aber die Liebe zu deinen Kindern betrifft, so ist diese Liebe für diese liebenswerten und freundlichen Geschöpfe, die Gott der Gerechte deiner Aufsicht und Erziehung als Pfand anvertraut hat, eine glückliche Liebe und ein Geschenk. Weder durch ein Unglück, das sie trifft, leidest du sehr, noch über ihren Tod wirst du verzweifelt wehklagen. Wie oben erwähnt wirst du - weil ihr Schöpfer sowohl allweise als auch allbarmherzig ist - sagen: »Für sie ist dieser Tod eine Glückseligkeit.« Was dich selbst betrifft, so denkst du auch an die Barmherzigkeit dessen, der sie dir gegeben hat, und rettest dich so vor dem Schmerz der Trennung.

Was aber deine Liebe zu deinen Freunden betrifft: Da sie nun einmal um Allahs willen ist, wird eure Unterhaltung und eure Bruderschaft nicht durch die Trennung oder gar den Tod behindert. Deshalb wirst du von dieser geistigen Liebe und seelischen (ruh) Beziehung Nutzen ziehen. Die Freude über euer Zusammensein wird beständig sein. Ist sie nicht um Allahs willen, dann folgt der Freude bei einer eintägigen Zusammenkunft ein Trennungsschmerz von hundert Tagen *.

Was aber deine Liebe zu den Gesandten und Freunden Gottes betrifft: Da du die Zwischenwelt (berzah) im Grabe, die den Gottvergessenen wie eine finstere Einöde erscheint, durch die Anwesenheit dieser Erleuchteten als lichterfüllte Wohnstätte erkennst, wird es dir nicht Furcht und Schrecken einflößen, in diese Welt hinüber zu gehen, sondern erweckt im Gegenteil den Wunsch, ja ein Gefühl der Sehnsucht nach ihr und verdirbt dir auch nicht die Freude am irdischen Leben.

Wenn aber andererseits die Liebe von der Art ist, wie die Liebe der Leute der modernen Kultur die berühmten Menschen lieben, so fügt sie deinem leidvollen Leben noch einen zusätzlichen Schmerz hinzu, wenn du an all die vollendeten Menschen denkst, die untergehen und verlöschen und in jenem großen Grabe vermodern, dass man die Vergangenheit nennt. Das heißt, man denkt: »In dieses Grab, in dem selbst die vollendeten vermodern, werde auch ich einmal hinabsteigen«, betrachtet den Friedhof mit kummervollen Blicken und seufzt sein »Ach!« und »Weh!« Wer sie jedoch mit den Augen der ersteren betrachtet, der denkt an ihren Aufenthalt in der Zwischenwelt, die der Wartesaal zur Zukunft ist, wo sie ihren Körper ausgezogen und der Vergangenheit überlassen haben, in vollendeter Ruhe, und den Friedhof als einen anheimelnden Ort.

Was aber deine Liebe für schöne Dinge betrifft, so ist sie, da (diese Dinge) nun einmal nach dem Willen ihres Meisters gestaltet wurden, von der Art zu sagen: »Wie schön sind sie gemacht worden.«, gleicht diese Liebe einem süßen Nachsinnen und öffnet zugleich dem Auge deiner alles Gute und Schöne verehrenden Empfindungen einen Weg zu noch höheren, noch heiligeren und tausendfach schöneren Schätzen der Stufen göttlicher Schönheit und lenkt es auf sie. Denn sie schließt von diesen schönen Werken auf die Schönheit der Taten Gottes. Von diesen wird dem Herzen ein Weg geöffnet zu der Schönheit der Namen Gottes, von diesen zu der Schönheit der Eigenschaften Gottes, von diesen zu der beispiellosen Schönheit des majestätischen Herrn. So ist denn diese Liebe, wenn sie solcher Art ist, sowohl ein Genuss, als auch Dienst und Anbetung und zugleich auch Kontemplation.

kein Ton