Blitz | Neunzehnter Blitz | 210
(205-215)

Weil aber nun diese Art der Versorgung nicht mehr von der Bürgschaft des Herrn abgedeckt wird, wird ihre Befriedigung außerordentlich kostspielig, besonders in heutiger Zeit. Ein solch unheilvolles Gut ist ohne Segen und wird zunächst dadurch erworben, dass man seine Selbstachtung zum Opfer bringt, seine Erniedrigung akzeptiert, zuweilen innerlich auf die Stufe eines Bettlers herabsinkt, so als würde man einem gemeinen Menschen auch noch die Füße küssen, ja manchmal sogar die Heiligtümer seines Glaubens opfert, die doch eigentlich das Licht des ewigen Lebens sind.

Überdies verbittert in dieser Zeit der Armut und Not das Leid der Hungrigen und Bedürftigen den Leuten des Gewissens, wenn sie denn noch ein Gewissen haben, durch ihr Mitleid für ihre Mitmenschen, sowohl das eigene Leid, als auch die Freude, die sie durch das illegaler Weise verdiente Geld erworben hatten. In einer so merkwürdigen Zeit wie der unseren muss man sich bei zweifelhaften Dingen mit dem Notwendigsten begnügen. Denn nach dem Geheimnis

»Fürwahr, der Umfang der Notwendigkeit wird bestimmt durch ihre Begrenzungen.«

darf man selbst verbotene (haram) Güter im Rahmen seiner Notwendigkeit zu sich nehmen. Mehr als das darf man aber nicht nehmen. In einer Notlage darf man selbst von Verendetem (murdar) etwas essen. Doch man darf sich davon nicht satt essen. Man darf nur soviel davon essen, dass man nicht stirbt. Des Weiteren darf man in Gegenwart von hundert hungrigen Menschen auch nicht mit vollem Genuss essen.

Die folgende Erzählung zeigt uns, dass Sparsamkeit ein Grund von Würde und Vollkommenheit ist.

Eines Tages gab Chatim Tay, der für seine Großzügigkeit weltberühmt war, ein großes Gastmahl. Nachdem er an seine Gäste überreichlich Geschenke ausgeteilt hatte, wandte er sich, um in der Wüste spazieren zu gehen. Da erblickte er einen armen alten Mann, der ein Bündel Dornsträucher und noch andere Pflanzen auf seinem Rücken trug. Die Dornen durchstachen ihm die Haut, sodass er blutete. Da sagte Chatim zu ihm: »Chatim Tay gibt heute ein großes Festmahl und verteilt Geschenke. Gehe dorthin und du wirst fünfhundert Kurusch für deine Last erhalten, die doch nur fünf Kurusch wert ist.« Der Alte aber war ein sparsamer Mensch und antwortete ihm: »Ich habe mir diese Dornsträucher aufgeladen und trage sie mit Würde. Ich werde nicht zu Chatim Tay gehen, um mir bei ihm eine Dankesschuld aufbürden zu lassen.« Als später einmal Chatim Tay gefragt wurde: »Bist du je (in deinem Leben einem Menschen) begegnet, der mehr Großmut und Würde gezeigt hätte als du?« antwortete er: »Dieser bescheidene alte Mann, den ich in der Wüste getroffen habe, war noch würdevoller, hoheitsvoller und großmütiger als ich.«

kein Ton