Blitz | Neunzehnter Blitz | 211
(205-215)
Fünfter Punkt

Gott der Gerechte in Seiner vollkommenen Freigiebigkeit lässt den ärmsten Menschen genauso wie den reichsten Menschen und einen Bettler genauso wie einen König die Freude an seinen Gnadengaben empfinden. Ja die Freude, die ein Armer auf Grund seines Hungers wie auch seiner Sparsamkeit aus einem Stückchen schwarzen Brotes schöpft, ist in der Tat größer, als die Freude eines Königs oder eines reichen Menschen, der in seiner Verschwendung ein Stückchen der allerfeinsten Baklava müde und ohne jeden Appetit verspeist.

Es ist schon reichlich erstaunlich, doch einige Leute beschuldigen in ihrer Verschwendung und Vergeudung andere, sparsam und wirtschaftlich denkende Menschen, geizig zu sein. ...bewahre! Sparsamkeit ist verbunden mit Würde und Großzügigkeit. Geiz und Würdelosigkeit sind das innere Gesicht der augenscheinlich mannhaften Haltung von Leuten, die verschwenderisch sind und vergeuden. Es gibt da ein Ereignis, das diese Tatsache bestätigt. Es hat sich im Jahr der Niederschrift dieser Abhandlung in meiner Kammer in Isparta ereignet, und zwar folgendermaßen:

Einer meiner Schüler bestand darauf, dass ich entgegen allen meinen Regeln und Grundsätzen ein Geschenk von fast zweieinhalb Okka (= etwa 3 kg) Honig annehmen sollte. Und wie sehr ich auch auf meinen Grundsätzen bestand, so konnte ich ihn doch nicht überzeugen. Als er mir nun sagte, wenn ich schon sparsam sein wolle, so könne ich doch meine drei Mitbrüder die dreißig, vierzig Tage in den Monaten Scha’ban und Ramadan von meinem Honig mitessen lassen und wir blieben dann doch nicht ohne etwas Süßes. Auch könne dann der, welcher ihn brachte, die Verdienste davon ernten. Also sagte ich ihm, dass ich ihn nehmen würde. Doch hatte ich auch selbst noch ein Okka Honig. Obwohl nun meine drei Mitbrüder eigentlich bescheiden waren und die Sparsamkeit zu würdigen wussten, so boten sie doch einander von dem Honig an, erwiesen einander die Ehre und jeder bevorzugte den anderen vor sich selbst, was ja an und für sich eine gute Eigenschaft ist, vergaßen dabei, sparsam zu sein, und wie es so geht: in drei Nächten waren sie mit den zweieinhalb Okka Honig fertig. Lachend sagte ich: »Ich hätte euch für dreißig, vierzig Tage an dem Geschmack des Honigs teilnehmen lassen. Und nun habt ihr diese dreißig Tage auf drei Tage verkürzt. Na denn, wohl bekomm’s!« Derweil ging ich mit meinem einen Okka Honig sparsam um. Während der ganzen Monate Scha’ban und Ramadan aß sowohl ich selbst davon und gab, Dank sei Gott!, auch noch einem jeden der Brüder jeden Abend zum Iftar (Fastenbrechen) einen ziemlich großen Teelöffel voll, woraus doch auch noch eine gute Tat (sevab) erwuchs. Und dabei haben doch diejenigen, welche mein Verhalten beobachtet haben, gedacht, ich sei geizig und das Verhalten meiner Mitbrüder während dreier Nächte sei Großzügigkeit.

kein Ton