Brief | Achtzehnter Brief | 109
(108-117)

Antwort: Sie sind Leute der Wahrheit und der Tatsachen. Sie sind auch Leute der Heiligkeit und der inneren Schau. Was sie geschaut haben, haben sie korrekt gesehen, doch da sie sich bei ihren Erklärungen noch immer im Zustande dieser ihrer inneren Schau befanden, drückten sie das, was sie geschaut hatten, gleich Träumenden aus, weshalb ihre Perspektive eingeschränkt und ihr Urteil in einzelnen Abschnitten falsch war. So wie der Träumende seinen Traum nicht auszulegen vermag, so konnten auch diese Art Leute der Entdeckungen und Schauungen nicht ihre eigenen Visionen auslegen, während sie selbst sich noch im selben Zustand befanden. Diejenigen, welche sie auszulegen vermochten, werden die »Reinen (Asfiya)« genannt und sind die wahren Schüler der Erben der Propheten. Sobald diese Art Zeugen erst einmal zum Rang (maqam) der Asfiya aufgestiegen waren, verstanden sie in der Rechtleitung durch das Buch und die Sunnah die Irrtümer und konnten sie so korrigieren; und das taten sie dann auch.

Höre als Beispiel die nachstehende Erzählung, welche diese Wahrheit darlegen wird. Es ist dies wie folgt:

Es waren einmal unter den Hirten zwei Leute des Herzens. Sie molken die Milch in einen hölzernen Zuber und stellten ihn dann beiseite. Dann legten sie ihre Hirtenflöte auf den Milchzuber und der eine von beiden sagte: »Ich bin müde.« und legte sich schlafen. So schlief er denn eine Weile. Während der andere ihn noch beobachtete, sah er, wie ein Ding, das einer Fliege glich, aus der Nase des Schlafenden hervorkroch, den Milchzuber betrachtete, schließlich an dem einen Ende in die Flöte hinein und am anderen Ende wieder heraus krabbelte, worauf es in einem Loch unter einem Dornstrauch verschwand. Einige Zeit später kam das Ding von dort wieder hervor, krabbelte wieder durch die Flöte hindurch und zurück in die Nase des Schläfers; worauf dieser erwachte und sagte: »Mein Freund! Ich hatte einen sonderbaren Traum.« Der antwortete ihm: »Möge Gott es für dich etwas Gutes sein lassen! Was war es denn?« Da erzählte er: »Ich habe ein Meer von Milch gesehen, über dem sich eine merkwürdige Brücke erstreckte. Diese Brücke war von oben überdacht und sie hatte auch noch Fenster. Ich bin durch diese Brücke hindurch gegangen. Ich habe einen Hain von Eichen gesehen, deren Wipfel alle spitz zuliefen. Darunter erblickte ich eine Höhle. Ich bin hinein gegangen. Da entdeckte ich einen ganzen Schatz von Gold. Nun möchte ich wissen, wie man das auslegen soll.«

Sein Freund, der wach geblieben war, antwortete ihm: »Das Meer von Milch, das du gesehen hast, ist hier in diesem Zuber. Die Brücke ist unsere Flöte hier. Der Eichenhain mit den spitz zulaufenden Wipfeln ist der Dornbusch dort und die Höhle das kleine Loch (unter ihm). Bring mir eine Hacke, dann werde ich dir auch den Schatz zeigen!« Er holt eine Hacke herbei. Dann gruben sie unter dem Dornstrauch nach und fanden unter ihm genug Goldstücke, um sie für diese Welt zufrieden zu stellen.

kein Ton