Brief | Achtzehnter Brief | 112
(108-117)

Wenn also nun jemand, welcher der obigen Methode folgt, des Geistes ist, der sich der Materie entledigt, sein Fahrzeug hinter sich gelassen und den Schleier der Ursachen zerrissen hat und so zu (einem Zustand) innerer Schauungen gelangt und darin versunken ist, so mag ihm (eine Art) der Erfahrung (hal) und nicht der Erkenntnis (ilm) der Einheit allen Seins, die nicht aus (der Lehre von) der Einheit allen Seins sondern aus (der Lehre von) der Einheit alles Erschauten erwächst, einen (gewissen Zustand) der Vollkommenheit (kemal), einen Rang (maqam) sicher stellen. Ja, er kann sogar dahin gelangen, dass er um Gottes willen den Kosmos verleugnet. Wenn er andererseits in die (Welt der) Ursachen eingetaucht und von der Materie überwältigt ist und dann über die Einheit allen Seins spricht, kann ihn das schließlich dahin führen, dass er um des Kosmos willen Gott verleugnet.

So ist denn die große Straße in der Tat die Straße der Sahabis, der Tabiine und der Asfiya. Ihr allgemein gültiges Grundprinzip ist der Satz:


»Die Wahrheit in allen Dingen steht fest.«

Und der Aussage entsprechend:

gibt es kein Ding, das eine Ähnlichkeit mit Ihm hätte (Sure 42, 11). Er ist frei von Teilung und Spaltung. Seine Beziehung zum Dasein (maudjudat) besteht in Seiner Schöpferkraft (Khalikiyet). Das Dasein ist nicht Traum oder Vorstellung, wie das die Vertreter (der Lehre von) der Einheit allen Seins sagen. Auch die sichtbaren Dinge sind die Werke Gottes des Gerechten. Alle Dinge sind nicht »Er«, sondern alle Dinge sind von Ihm. Denn die Ereignisse können nicht ohne Anfang (qadim) sein. Wir wollen diese Angelegenheit dem Verständnis etwas näher bringen mit zwei Vergleichen:

Im ersten Vergleich gibt es da einen König. Dank seines Namens als der »gerechte Richter« (hakim-i adil) gehört ihm das Justizministerium, das die Manifestation seines Namens darstellt. Ein anderer Name ist »der Kalif«. Das Amt eines Scheich al-Islam und das Ministerium der Wissenschaften sind der Erscheinungsort dieses Namens. Er hat außerdem auch noch den Namen eines Oberkommandierenden. Unter diesem Namen zeigt er alle die Aktivitäten im militärischen (Bereich). Das Heer tritt auf unter diesem Namen. Wollte da nun jemand kommen und sagen: »Dieser König ist nur gerechter Richter. Es gibt kein anderes Amt als nur das Justizministerium.« In diesem Falle müssten die Eigenschaften der Gelehrten und ihre Arbeitsbedingungen im Amt des Scheich al-Islam – zwar nicht tatsächlich, aber doch in der Theorie – den Justizbeamten zugeschrieben werden. Ein nur zweitrangiges Schattenministerium eines Scheich al-Islam hätte nur noch eine imaginäre Existenz in dem tatsächlichen Ministerium für Justiz. Des Weiteren hätten wir wieder den angenommenen Fall, dass die Angelegenheiten und Zuständigkeiten im militärischen Bereich beim Justizministerium als eine Art von irrealem Militäramt angesiedelt wären.

kein Ton