Brief | Vierundzwanzigster Brief | 422
(391-425)

Es sind keine Geschehnisse mit einer uns bekannten Bedeutung. Wir können die Wahrheit hinter solchen Gesprächen nicht mit unserer Vorstellungskraft verstehen, sondern empfangen statt dessen nur eine freudige Erregung, verbunden mit dem Glauben in unserem Herzen, eine lichtvolle Freude in unserer Seele (ruh). Denn so wie dem Wesen und den Eigenschaften Gottes des Gerechten nichts als Ihm gleich oder ähnlich zur Seite gestellt werden kann, so gibt es auch im Wirken Seiner Herrschaft (rububiyet) nichts, was Ihm gleich wäre. So wie Seine Eigenschaften nicht den Eigenschaften Seiner Schöpfung ähneln, so gleicht die Liebe, die in Ihm ist, auch nicht der Liebe, die in ihr ist. Da dies aber so ist, betrachten wir diese Ausdrücke als metaphorisch und sagen:

Er, der notwendigerweise Sein muss besitzt aus der Notwendigkeit Seines Seins heraus (Zat-i Vadjib-ul Vudjudun Vucubu Vudjuduna), in einer Weise, die Seiner Heiligkeit angemessen und der Einzigartigkeit Seines Wesens und Seiner absoluten Vollkommenheit (kemal-i mutlak) würdig ist, bestimmte Eigenschaften wie Liebe (muhabbet), an die die Kasside (von Dhu-leyman Efendi) mit den Erlebnissen während der Himmelfahrt erinnert. Das Einunddreißigste Wort, das von der Himmelfahrt des Propheten handelt, erklärt die Gegebenheiten (hakaik) dieser Himmelfahrt den Grundsätzen des Glaubens entsprechend. So wollen wir uns hier somit begnügen und es dabei bewenden lassen.

Vierte Anmerkung: Der Satz: »Er erblickte Gott den Gerechten hinter siebzigtausend Schleiern.« bringt eine Art räumlichen Abstand zum Ausdruck. Während der Notwendig Seiende (Vadjibu-l’Vudjud) nicht an Zeit und Raum gebunden und allen Dingen näher ist, als sie es sich selbst sind. Was soll damit ausgesagt sein?

Antwort: Diese Wahrheit wurde bereits im »Einunddreißigsten Wort« ausführlich erklärt und bewiesen. So wollen wir hier nur noch sagen:

Gott der Gerechte steht uns sehr nahe. Wir sind aber von Ihm unendlich weit entfernt. Die Sonne ist uns durch den Spiegel in unserer Hand unendlich nahe und jedes glänzende Objekt auf Erden gleicht einem Thron und ist für sie eine Art Wohnstatt. Hätte die Sonne ein Bewusstsein, so könnte sie durch den Spiegel in unserer Hand mit uns reden, obwohl sie doch viertausend Jahre von uns entfernt ist. Und obwohl wir hier keine Ähnlichkeiten sehen und keine Vergleiche (mit Gott) aufstellen wollen, so ist doch auch die Urewige Sonne einem jeden Ding näher ist als sie sich selbst. Denn Er ist der Notwendig Seiende (Vadjibu-l’Vudjud), frei von Raum und Zeit. Nichts kann eine Hülle vor Ihm sein und doch ist ein jedes Ding unendlich weit von Ihm entfernt.

kein Ton