Brief | Sechsundzwanzigster Brief | 472
(427-475)

Und ein anderer Teil von ihnen erscheint dagegen manchmal nüchtern und Herr seiner Sinne zu sein und manchmal in einen Zustand (hal) völlig außerhalb ihres Verstandes und Urteilsvermögens zu geraten. Unter diesen wiederum gibt es einige, die alle Dinge miteinander verwechseln und sie nicht voneinander unterscheiden können. Sie behandeln eine Angelegenheit, die sie in einem solchen Zustand göttlicher Trunkenheit wahrgenommen haben, im Zustande der Nüchternheit. Sie befinden sich im Irrtum und wissen nicht, dass sie sich im Irrtum befinden. Einige dieser Gottesnarren leben unter Gottes besonderem Schutz und geraten nicht auf Irrwege. Andere aber werden nicht bewahrt und können sich unter der Schar der Ketzer und Neuerer wiederfinden. Es wird sogar für möglich gehalten, dass sie selbst unter die Ungläubigen geraten können. So kommt es denn, dass solche, die zeitweilig oder andauernd von Gott berauscht sind, als von Ihm gesegnet und als Gottesnarren angesehen werden. Und weil diese Gottesnarren als ungebunden und gesegnet gelten, sind sie auch nicht verantwortlich. Da man sie aber nicht zur Verantwortung ziehen kann, kann man sie auch nicht kritisieren. Während sie zwar stets Heilige und Gottesnarren sind und bleiben, stellen sie sich doch gleichzeitig auf die Seite der Leute des Irrweges und der Neuerer. Sie gehen ihren Weg (meslek), machen ihn in gewissem Grade populär und unglückseligerweise bewirken sie so, dass einige Leute des Glaubens und der Wahrheit gleichfalls diesen Weg einschlagen.

Zehnte Problemstellung

In Zusammenhang mit einer Eingebung meines Herzens wurde von Seiten einiger Freunde darum gebeten, einen Grundsatz bezüglich der Besucher zu erklären. Darum wurde das folgende niedergeschrieben.

Es sollte eigentlich bekannt sein, dass diejenigen, die uns besuchen, entweder kommen um der Dinge des irdischen Lebens willen. Diese Tür ist ihnen verschlossen. Oder aber sie kommen um des jenseitigen Lebens willen. In dieser Hinsicht gibt es zwei Türen: Entweder sie kommen, weil sie meine Person für gesegnet halten und glauben, dass ich einen geistlichen Rang (maqam) inne hätte. Auch diese Türe ist geschlossen. Denn ich bin keineswegs stolz auf mich. Ich bin auch keineswegs stolz auf diejenigen, die auf mich stolz sind. Vielmals Dank sei Gott dem Gerechten, dass er mich nicht hat stolz werden lassen. Der zweite Aspekt ist jedoch der, dass ich einzig der Verkünder des weisen Qur’an bin. Die durch diese Pforte eintreten, sind mir wie mein Augapfel. Ich heiße sie mit allem schuldigen Respekt willkommen. Auch unter ihnen gibt es drei Arten. Sie sind entweder Freunde, oder Brüder, oder Schüler.

kein Ton