Brief | Neunundzwanzigster Brief | 599
(528-621)

Da Er dies aber so wollte, wird das Herz sicherlich genauso arbeiten wie der Geist. Und die wirkungsvollste Art, das Herz in Bewegung zu versetzen, ist die, sich auf dem Weg eines Ordens, der Sprossenleiter der Heiligkeit, durch die Erinnerung an Gott (dhikr) den Glaubenswahrheiten zuzuwenden. Zweite Andeutung: Der Schlüssel und das Mittel zu dieser Reise des Herzens und geistigen Voranschreitens sind das Gedenken Gottes (dhikr) und die Kontemplation. Die Tugenden, die daraus erwachsen, sind zu zahlreich, um sie noch zählen zu können. Neben zahllosen Gnadengaben im Jenseits, menschlichen Vorzügen und Vollkommenheiten, gibt es noch eine kleinere Vergünstigung, die dem Auf und Ab dieser Welt angehört und dies ist folgendes: Jeder sehnt sich nach Tröstung und sucht nach Vergnügungen, um mit seiner schweren Bürde in den Kämpfen dieses Lebens ein klein wenig Erleichterung zu finden und aufatmen zu können. Ein jeder sucht nach ein wenig Geborgenheit, um die Einsamkeit zu vertreiben. Die sozialen Veranstaltungen im bürgerlichen Leben verhelfen zu einer Art von zeitweiliger, jedoch gottvergessener, trunkener Familiarität, Vertrautheit und Geborgenheit für ein oder zwei unter zehn Leuten. Jedoch achtzig Prozent leben ein einsames Leben auf den Bergen und in den Tälern, oder werden an entfernte Plätze getrieben, um sich ihren Lebensunterhalt verdienen zu können, oder Umstände wie die Wechselfälle des Lebens und das Alter lassen sie an das Jenseits denken. Sie sind der Geborgenheit in einer menschlichen Gruppe beraubt. Dieser Zustand bietet ihnen keine Geborgenheit und keine Tröstung. So liegt denn der wahre Trost, alle Geborgenheit, Lieblichkeit und Frohsinn eines solchen Menschen, der sich an so weit entfernten Orten, abgelegenen Bergen und trostlosen Tälern befindet, im Gedenken Gottes (dhikr) und in der Kontemplation, die das Herz in Bewegung versetzen. Er wendet sich dem Herzen zu, gedenkt Gottes (wenn er »Allah!« ruft), findet die Geborgenheit im eigenen Herzen. Und in dieser Geborgenheit bedenkt er die Dinge um sich herum, die ihn feindselig betrachten, so als wollten sie über seine Geborgenheit lachen und so sagt er: »Dieser, mein Schöpfer, an den ich stets denke, hat hier an meinem Platz der Einsamkeit, wie auch sonst überall, unzählige Diener. Ich bin nicht allein. Einsamkeit ist ohne jede Bedeutung.« Aus seinem Leben im Glauben empfängt er die Freude einer Geborgenheit. Nun erst versteht er, was Glück im Leben wahrhaft bedeutet. Und so dankt er Gott. Dritte Andeutung: Freundschaft mit Gott ist ein Zeugnis Seiner Botschaft (Risalah). Denn die Gottesfreundschaft sieht und bestätigt die Wahrheit des Glaubens, die die Botschaft (Risalah) verkündet hat, in einer Art Zeugnis des Herzens und der meditativen Wahrnehmung im Grade augenscheinlicher Gewissheit . Ihre Bestätigung ist ein sicheres Zeugnis für die Wahrheit der Botschaft. Der Orden ist ein Beweis der Schari’ah. Durch meditative Wahrnehmung und geistige Entdeckung und durch den Segen und die Wirkung, die von ihnen ausgehen, ist der Orden (= der Sufi-Weg) ein klarer Beweis der Wahrheit der Gesetze, die die Schari’ah unterweist, und auch dafür, dass diese Gesetze der Schari’ah wahr sind und aus der Wahrheit kommen.

kein Ton