Brief | Neunundzwanzigster Brief | 600
(528-621)

So wie die Gottesfreundschaft und der Orden (= die Heiligkeit eines Sufis und sein Weg) in der Tat Zeugnis und Beweis der Botschaft (Gottes und Seines Gesetzes) und der Schari’ah sind, so sind sie auch das Geheimnis der Vollkommenheit des Islam und die Quelle seines Lichtes und durch den Islam ein Mittel für die Entwicklung und eine Quelle für die seelische Entfaltung der Menschen. Nun aber versuchen trotz der großen Bedeutung dieses gewaltigen Geheimnisses einige Gruppen von Irrenden gerade dies leugnen zu wollen. Sie sind seines Lichtes beraubt geblieben und zugleich auch die Ursache dafür geworden, dass auch andere beraubt wurden. Quelle des höchsten Bedauerns aber ist folgendes: Ein Teil fundamentalistischer Gelehrter unter den Leuten von Tradition und Gemeinschaft (Sunna ve Cemaat) und ein Teil der ihnen zugehörigen, gottvergessenen Leute unter den Politikern, bemühen sich einige Missbräuche und Fehler, die sie unter den Sufis bemerkt haben, als Vorwand dafür zu gebrauchen, um diese gewaltige Schatzkammer zu schließen oder gar zu zerstören und so diesen Brunnen von Kauthar, aus dem das Wasser des Lebens strömt, trocken zu legen. Es gibt jedoch einige wenige Dinge, Wege und Pfade, die in jeder Hinsicht gut und fehlerfrei sind. Es gibt aber auch einige Fehler und Missbräuche. Denn wo inkompetente (Leute) erst einmal in eine Sache einsteigen, dort machen sie auch mit Sicherheit Missbrauch von ihr. Jedoch bei der Abrechnung der Taten im Jenseits zeigt Gott der Gerechte Seine königliche Gerechtigkeit dadurch, dass Er alles Gute und Böse wägt. Das heißt, wenn die guten (Taten) überwiegen und schwer wiegen, so belohnt Er sie und nimmt sie an. Überwiegen aber die schlechten Taten, so bestraft Er sie und weist sie zurück. Das Gleichgewicht zwischen guten und schlechten Taten richtet sich nicht nach der Quantität, sondern nach der Qualität. Und manchmal geschieht es auch, dass eine einzige gute Tat schwerer wiegt als tausend schlechte und dann dahin führt, dass sie vergeben werden. Da nun einmal die göttliche Gerechtigkeit auf diese Weise richtet und auch die Wahrheit das so als gerecht ansieht, ist es denn offensichtlich, dass die guten Werke eines Ordens, d.h. also eines Ordens im Rahmen der Gelobten Sitten (des Propheten) mit Sicherheit dessen schlechte (Taten) überwiegen, ein Beweis dafür, dass die Ordensleute in Zeiten der Verfolgung durch die Leute des Irrweges ihren Glauben aufrecht erhalten. Ein einziger aufrichtiger Ordensschüler schützt sich besser, als ein oberflächlicher Fundamentalist mit einem bloßen Schulwissen. In der Freude seines Ordenslebens und in seiner Liebe zu den Gottesfreunden, rettet er seinen Glauben. Auf Grund schwerer Verfehlungen wird er ein Sünder, jedoch kein Ungläubiger. Er wird auch nicht so einfach in die Gottlosigkeit hinabgezogen. Keine Macht kann in seinen Augen die Kette (Silsilah) der Scheychs widerlegen, die er in seiner starken Liebe und mit unerschütterlicher Überzeugung zu Polen (kutub) (seines Lebens) angenommen hat. Und da er sie nicht widerlegen kann, kann auch sein Vertrauen in sie nicht zerstört werden.

kein Ton