Brief | Sechzehnter Brief | 88
(83-102)

»Ich stelle meine Sache Allah anheim. Denn fürwahr, Allah schaut auf Seine Diener und Verehrer.«

Also habe ich dieses Ereignis so hingenommen, als wäre es nie geschehen und es wieder vergessen. Leider stellte es sich dann später doch noch heraus, dass der Qur’an ihm nicht verziehen (helal) hatte...

Zweite Geschichte: In diesem Jahr habe ich von einem Zwischenfall gehört. Nachdem sich dieser Zwischenfall ereignet hatte, hörte ich zwar nur kurz von diesem Geschehnis, wurde jedoch so behandelt, als wäre ich ernsthaft in dieses Geschehnis verwickelt gewesen. Ich tausche schon seit langem keine Nachrichten mehr aus. Wenn ich es dennoch tue, schreibe ich höchst selten einmal an einen Freund über Glaubensdinge. Selbst an meinen Bruder habe ich in vier Jahren nur einen einzigen Brief geschrieben. Ich habe diese Beziehungen sowohl mir selbst untersagt, als auch die Weltleute ihn mir untersagt haben. Nur ein, zwei Freunde konnte ich einmal in der Woche wiedersehen. Was die Gäste im Dorf – ein, zwei im Monat – betrifft, so sprachen sie mit mir ein, zwei Minuten über ein religiöses (ahiret) Thema. Hier in dieser Fremde, wo es für Leute wie mich, einen Fremdling, der allein ist und keine Menschenseele kennt, nicht möglich ist, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten, bin ich von allen Menschen ausgeschlossen und alle Dinge sind mir verboten. Ich habe sogar vor vier Jahren eine halb verfallene Moschee wieder in Stand setzen lassen. Doch trotzdem man mir in meiner Heimat die Urkunden für meinen Dienst als Prediger und Imam ausgestellt und ausgehändigt und ich dort in dieser Moschee vier Jahre meinen Dienst als Imam versehen hatte (möge Allah diesen Dienst von mir annehmen), konnte ich in diesem letzten gesegneten Monat Ramadan nicht mehr in diese Moschee gehen. Mein Gebet habe ich manchmal allein verrichtet. So bin ich der fünfundzwanzig Sevab (=Verdienste) und Wohltaten eines in der Gemeinschaft verrichteten Gebetes verlustig geblieben.

So habe ich denn auch diese beiden Ereignisse, von denen ich betroffen wurde, genau so wie vor zwei Jahren das Verhalten, das dieser Beamte mir gegenüber an den Tag legte, geduldig ertragen und ausgeharrt. Und wolle es Gott, dass ich es auch in Zukunft so halten werde. Dabei denke ich und sage ich mir: Wenn dieses Leid, diese Plage, diese Unterdrückung, wie sie mir von Leuten zugefügt werden, meine Seele (nefs) betreffen, die so voller Fehler und Mängel ist, so trage ich nichts nach. Vielleicht wird meine Seele dadurch eine bessere Haltung (hal) annehmen. Und es ist zudem auch noch eine Buße für die Sünden. Ich habe in diesem irdischen Gasthaus sehr viele Vergnügungen genossen. Wenn man mich nun ein ganz klein wenig misshandelt, so bin ich auch wiederum dankbar dafür. Wenn mich die Weltleute unterdrücken, weil ich dem Glauben und dem Qur’an diene, so ist es nicht meine Sache, mich dagegen zu verteidigen. Das überlasse ich dem Allgewaltigen (Djebbar) in Seiner Allmacht (Aziz). Falls die Absicht darin besteht, die mir überwiesene allgemeine Aufmerksamkeit von mir abzulenken, um jenen eitlen Ruhm zu zerbrechen, der unbegründet und Ursache zur Heuchelei ist und die Aufrichtigkeit (ihlas) zerstört, dann möge das Erbarmen (rahmet) mit ihnen sein.

kein Ton