Brief | Sechzehnter Brief | 90
(83-102)
»Doch erzähle von der Gnade deines Herrn!« (Sure 93, 11)

folgend, möchte ich die Gnadengeschenke, die Gott der Gerechte mir erwiesen hat, erwähnen. Möge es eine Art von Danksagung sein, wenn ich hier einige Beispiele erzähle! Doch wenn ich es auch tue, damit es eine Danksagung sein solle, so fürchte ich doch, selbstgefällig und stolz zu erscheinen und so des Segens verlustig zu gehen. Denn wenn einer, sich selber rühmend, einen geheimen Segen ausposaunt, so verursacht er damit dessen erlöschen. Doch was hilft das, ich muss es dennoch sagen.

Erstens: Seit sechs Monaten komme ich mit einem Scheffel (35,27 kg) Weizen aus. Es reicht für sechsunddreißig Brote. Es ist noch etwas davon da, noch nicht alles aufgebraucht. Wie lange es noch reichen wird, weiß ich nicht. *

Zweitens: In diesem gesegneten Monat Ramadan haben mir nur zwei Häuser Essen gebracht. Und beide haben mich krank gemacht. So habe ich verstanden, dass es mir verboten ist, Speisen von anderen zu essen. Übrigens berichtete mir Abdullah Tschawusch, der Herr des Hauses und das Oberhaupt dieses ganzen gesegneten Hauses, mein getreuer Freund, der sich den ganzen Ramadan über um meine Verpflegung kümmerte, und er bezeugte, dass mir drei Laib Brot und eine Kiyye (1283 g) Reis genügten. Dieser Reis ging sogar erst fünfzehn Tage nach dem Ramadan zu Ende.

Drittens: Auf dem Berg genügte mir und meinen Gästen eine Kiyye Butter für drei Monate, obwohl wir doch jeden Tag Butterbrote gegessen haben. Einer meiner gesegneten Gäste hieß Dhu-leyman. Mein Brot und auch sein Brot gingen zu Ende. Es war an einem Mittwoch, als ich zu ihm sagte: »Gehe und bringe Brot!« Es gab aber zwei Stunden weit im Umkreis niemanden, von dem man hätte Brot holen können. Er sagte zu mir: »Ich habe den Wunsch, die Freitagsnacht bei dir auf dem Berge im Gebet zu verbringen.« Ich gab ihm zur Antwort: »Wir vertrauen auf Gott. Bleib also.« Danach stiegen wir beide, ohne dass wir dazu eine Veranlassung gehabt hätten, oder es dafür einen Grund gegeben hätte, immer weiter wandernd bis zum Gipfel eines Berges hinauf. Bei uns hatten wir eine Kanne mit etwas Wasser. Auch hatten wir ein bisschen Zucker und etwas Tee bei uns. Ich sagte: »Mein Bruder, mach ein wenig Tee.« Während er damit beschäftigt war, den Tee zuzubereiten, saß ich unter einer Zeder, die sich hoch über einem Bach erhob. Traurig dachte ich bei mir: »Wir haben noch etwas schimmeliges Brot. Es reicht heute abend noch für uns beide. Wie sollen wir das zwei Tage lang machen und wie soll ich das diesem Mann in seiner Herzensreinheit beibringen?« Während ich noch darüber nachdachte, wendete ich meinen Kopf, und es war mir, als drehte sich mir der Kopf wie von selbst, und da sah ich: In den Zweigen der Zeder über mir lag ein riesengroßer Laib Brot für uns bereit. »Süleyman, eine Überraschung (müjde)!« rief ich, »Gott der Gerechte hat für uns gesorgt.« Wir holten das Brot herunter, betrachteten es und sahen, dass Vögel oder andere frei lebende Tiere es nicht angerührt hatten. Seit zwanzig, dreißig Tagen war kein Mensch mehr auf diesen Gipfel gestiegen. Dieses Brot reichte uns beiden für zwei Tage. Während wir davon aßen und es fast schon aufgegessen hatten, kam (ein anderer) Süleyman, der mir schon seit vier Jahren ein wahrer und treuer Freund ist, von unten herauf mit Brot.

kein Ton