Brief | Zweiundzwanzigster Brief | 360
(357-380)

So viele Male Eins-sein verlangt nach Einheit und Allgegenwart, Eintracht und Übereinstimmung, Liebe und Brüderlichkeit. Wenn aber jemand nun diesen geistigen Bindungen, mit denen man selbst das Weltall und die Planeten zu binden vermag, dennoch so unbeständige und bedeutungslose Dinge vorzieht, einem Spinnennetz vergleichbar, die der Anlass zu Zwist und Zwietracht, Hass und Feindschaft sind, einem Gläubigen gegenüber tatsächlich Hass und Feindschaft nährt, dann magst du verstehen, welch eine Unehrerbietigkeit gegenüber dem Band der Einheit, welch eine Geringschätzung gegenüber den Grundsätzen der Liebe und was für eine Ungerechtigkeit und Missachtung gegenüber dieser brüderlichen Verbundenheit das ist, wenn dein Herz noch nicht tot (und zu Stein geworden) und (das Licht deiner) Vernunft noch nicht erloschen ist.

Dritter Aspekt: Entsprechend dem Geheimnis der Ayah:


»Und nicht belastet wird die schon beladene (Seele) mit der Last einer anderen,« (Sure 6, 164)

welche Ausdruck absoluter Gerechtigkeit ist, stellt es ein großes Unrecht dar, wegen der schlechten Eigenschaft, die ein Gläubiger hat, alle seine übrigen guten Eigenschaften zu verurteilen, besonders aber, dem Gläubigen wegen einer solchen üblen Eigenschaft zu zürnen, gekränkt zu sein und seine Feindschaft auch noch auf die Angehörigen dieses Gläubigen zu übertragen, denn

»Der Mensch ist wahrlich ungerecht!« (Sure 14, 34)

Mit diesem Elativ (Hervorhebung) im übertragenen Sinne gemahnen dich die Wahrheit, das Gesetz und die Weisheit des Islam daran, was für ein gewaltiges Unrecht das ist. Wie kannst du dir da noch selbst gerecht vorkommen und behaupten: »Ich habe recht!«?

kein Ton