Brief | Achtundzwanzigster Brief | 513
(477-527)

In der Tat wissen die meisten meiner Brüder und alle die Gefährten, die bei mir sind und die Schreiber, dass der Fünfte Abschnitt des Neunzehnten Briefes in nur wenigen Tagen geschrieben wurde, wobei wir an jedem Tag nur zwei, drei Stunden, also insgesamt etwa zwölf Stunden gearbeitet haben, ohne dass wir dabei in irgendeinem Buch hätten nachschlagen können. Ja, der vierte Absatz, welcher der wichtigste davon ist, der Absatz, indem der Ausdruck »Resul-u Ekrem Aleyhissalatu Vesselam« ganz offensichtlich das Siegel des Propheten zeigt, wurde in drei, vier Stunden auswendig, auf einem Berge im Regen niedergeschrieben.

Auch eine so bedeutende und feinsinnige Risala wie das Dreißigste Wort, wurde in sechs Stunden in einem Weinberg geschrieben; und so wie das Achtundzwanzigste Wort in einer, höchstens in zwei Stunden in Süleymans Garten niedergeschrieben wurde, so geschah es auch mit den meisten Risalat. Dabei wissen meine engsten Freunde, dass ich schon seit langem unter bedrückenden und beengenden Umständen noch nicht einmal ganz offensichtliche Wahrheiten klar zum Ausdruck bringen konnte, ja noch nicht einmal um sie wusste. Kam dann unter diesen bedrückenden Umständen noch eine Krankheit hinzu, die mich noch mehr daran hinderte, Unterricht zu erteilen und etwas zu verfassen, so wurden dennoch die wichtigsten »Sözler« und Abhandlungen auch in Zeiten äußerster Bedrängnis und Krankheit in einer ungewöhnlich raschen Art niedergeschrieben. Wenn das nicht unmittelbar göttliche Gnade, ein Geschenk (ikram) des Herrn und ein Wunder (keramet) des Qur’an ist, was denn sollte es dann sein?

Nun aber schadet ein Teil der Fragestellungen einem Teil der Menschen, ganz gleich, um welches Buch es sich dabei handeln mag (wenn darin die göttlichen und Glaubenswahrheiten behandelt werden), in jedem Fall... Weil es ihnen aber schadet, wird nicht jede Fragestellung jedermann zugänglich gemacht. Was aber die Risalat betrifft, so haben sie bisher – wen auch immer ich gefragt habe – bei niemandem eine gegenteilige Wirkung ausgelöst, schlimme Folgen gezeigt, eine Beunruhigung des Gemüts bewirkt, oder sonst irgendeinen Schaden angerichtet, weshalb es für uns absolut sicher ist, dass es sich hier um ein Zeichen aus dem Verborgenen (ischaret-i gaybiyye) handelt und um eine Gnade des Herrn.

Sechster Hinweis: Ich bin heute davon überzeugt, dass es mir bestimmt war, den grössten Teil meines Lebens in der Weise zu verbringen, dass er nicht von mir selbst, von meinem Wissen, Wollen und Bewusstsein bestimmt wurde und ihm ein solch seltsamer Verlauf gegeben wurde, dass er solche Art Abhandlungen zum Ergebnis brachte, wie sie dem Dienst am Qur’an dienlich sein sollten. Es ist, als wäre mein ganzes wissenschaftliches Leben nur ein Grundkursus oder eine Vorbereitungsstufe gewesen und als sollte sein Ergebnis darin bestehen, in den »Sözler« die Wunder (‘icaz) des Qur’an aufzuzeigen. Ja ich zweifle keineswegs daran, dass ich in diese meine Lage: diese Verbannung und das Leben in der Fremde seit sieben Jahren, diese Isolation ohne Grund und gegen meinen Wunsch, mein Leben im Gegensatz zu meiner Natur ganz allein in einem Dorf zu verbringen, um am Ende gar alle Bindungen an das gesellschaftliche Leben, an das ich mich seit langem gewöhnt hatte, zu verabscheuen und alle bisherigen Grundsätze aufzugeben, nur deshalb versetzt wurde, um mich in reiner und aufrichtiger Weise einzig und allein dem Dienst am Qur’an zu widmen. Ja, ich bin der Überzeugung, dass sich hinter dem Schleier der Unterdrückung, hinter all diesen Schikanen und dem Unrecht, das man mir angetan hat, eine gnädige Hand verbirgt, die mich in ihrer Barmherzigkeit dazu veranlassen will, meine Gedanken auf die Geheimnisse des Qur’an zu konzentrieren, ohne meine Blicke von ihnen abzuwenden. Ja, obwohl ich früher aufs Lesen geradezu versessen war, wurde meiner Seele eingegeben, mich des Lesens aller anderen Bücher zu enthalten und es ganz und gar zu vermeiden. So verstand ich, dass es mir bestimmt war, den vertrauten Umgang mit den Büchern aufzugeben, der mir doch sonst eine Quelle des Trostes hier in dieser Fremde hätte sein können, damit mir einzig und allein die Ayat des Qur’an ein vollkommener Lehrer (Ustadh) sein sollten.

kein Ton