Brief | Neunundzwanzigster Brief | 549
(528-621)

Dadurch lässt es sich erklären, dass im Heiligen (Monat) Ramadan die Gläubigen vielfach verschiedene (Stufen) der Erleuchtung, der Fülle und geistigen Freude erfahren, und zwar entsprechend dem jeweiligen Grad ihrer geistigen Entwicklung. Alle innerlichen und äußerlichen Sinne und Kräfte des Menschen, Herz, Verstand und Gemüt, die geheimnisvollen, feinen inneren Kräfte des Geistes werden in diesem gesegneten Monat durch das Fasten entfaltet und gesegnet. Während der vor Hunger leere Magen weint, füllt sich die Seele mit unschuldiger innerer Freude.

Neunter Abschnitt: Unter den Weisheiten des Fastens im Heiligen (Monat) Ramadan hinsichtlich der unmittelbaren Zerstörung der eingebildeten Selbstherrlichkeit der Seele und der Bekanntgabe ihres Dienstes und ihrer Anbetung durch einen Hinweis auf ihre Schwäche ist eine Weisheit die folgende:

Die Seele ist von sich aus nicht geneigt, ihren Herrn zu erkennen. Wie Pharao will sie ihre eigene Herrschaft aufrichten. Wievielen Qualen sie auch immer ausgesetzt würde, dieser Charakterzug bliebe dennoch in ihr erhalten. Durch den Hunger wird jedoch diese ihre Grundneigung gebrochen. So wird denn im Heiligen (Monat) Ramadan ein direkter Schlag gegen die Frontlinie der Seele und ihr pharaonengleiches Verhalten geführt. Ihre Schwäche, Ohnmacht und Armseligkeit werden aufgedeckt. So erfährt sie, dass sie ein Diener und Anbeter ihres Herrn ist.

In den Ahadith begegnen wir folgender Überlieferung: Gott befragte die Seele (nefs): »Was bin ich? was bist du?« Die Seele sagte: »Ich bin ich! Du bist Du!« Gott unterzog sie darauf einer Strafe. Sie wurde in die Hölle geworfen. Dann stellte Er wieder dieselbe Frage. Sie erwiderte auch diesmal: »Ich bin ich! Du bist Du!« Welcher Strafe Er sie auch unterzog, sie ließ von ihrem Trotz nicht ab. Da verhängte Er über sie die Strafe des Hungers. Mit anderen Worten: Er ließ sie hungern. Dann befragte Er sie von neuem: »men ene wa ma ente?« (Wer bin ich und was bist du?) Nun sagte die Seele:

Das heißt: »Du bist mein barmherziger Herr. Ich hingegen bin Dein schwacher Diener.«

»Oh Gott gib Friede unseren Herrn Mohammed und segne ihn mit Segen, wie es auch Deinem Wohlgefallen entspricht. Verleihe ihm die Erfüllung in Deiner Wahrheit nach der Anzahl der Verdienste der im Monat Ramadan gelesenen Worte im Qur´an. Schenke ihm Frieden, seiner Familie und seinen Gefährten. Lob sei Deinem Herrn, dem Herrn der Macht. Erhaben ist Er über das, was sie da sagen. Und Friede sei über die Gesandten und Preis und Dank sei Gott, dem Herrn der Welten! Amen!« (Sure 37, 180-182)

kein Ton