Brief | Zwanzigster Brief | 335
(300-352)

Zweitens:

Ein sicherer Beweis und ein glänzendes Zeugnis, dass vor der göttlichen Macht alle Dinge gleich sind, ist folgender: Bei der Erschaffung der Tiere und Pflanzen können wir mit eigenen Augen sehen, dass sich in einer unendlichen Freiheit und Vielfalt ein Höchstmaß an Schönheit und vollendeter Kunst findet. Und weiter zeigt sich in allem, was so unendlich voneinanderverschieden und so bunt miteinander vermischt ist, eine ebenso unendlicher Grad von Erlesenheit und der Unterscheidung. Und weiter findet sich trotz Überfluss und Weitläufigkeit in Unendlichkeit doch eine Kunst von höchstem Wert und Schönheit der Schöpfung. Und weiter werden sie, obwohl sie doch eigentlich für eine so überaus kunstvolle Art, einen so hohen Aufwand (an Material und Werkzeug) und soviel Zeit nötig gehabt hätten, wurden sie dennoch ganz schnell erschaffen. Es ist, als wären sie plötzlich aus dem Nichts heraus in den Stand eines Wunderwerkes gerückt worden. Wenn wir also nun zu jeder Jahreszeit auf dem Antlitz der Erde die Taten der göttlichen Allmacht beobachten können, so beweisen sie uns mit absoluter Sicherheit, dass für diese Macht, welche die Quelle all dieser Taten ist, die größte Sache ebenso leicht wie die kleinste Sache ist. Auch all diese zahllosen Einzelwesen zu erschaffen und sie zu verwalten, geschieht ebenso leicht wie nur ein einziges von ihnen zu erschaffen und zu verwalten.

Drittens:

Vor der Macht des allmächtigen Meisters ist in diesem Kosmos, den er lenkt und leitet und dessen Werke und Handlungen wir hier sehen können, (die Erschaffung) auch der größten Gesamtheit so leicht wie die eines kleinsten Teiles davon. Eine Gesamtheit, die aus vielen Einzelexemplaren zusammengesetzt ist, zu erschaffen, ist so einfach, wie die Erschaffung eines einzelnen Exemplars und noch in dem unscheinbarsten Einzelexemplar lässt sich der höchste künstlerische Wert aufzeigen. Sinn und Weisheit dieser Tatsache ergibt sich aus den folgenden drei Quellen: Erstens: aus dem Beistand, der aus der Einheit des Allgegenwärtigen (Vahid) erwächst. Zweitens: aus der Leichtigkeit, die aus der Einheit Seiner Schöpfung (vahdet) erwächst. Drittens: aus der Erscheinung, die Seine Einheit (Ahadiyet) widerspiegelt. Erste Quelle: der Beistand des Allgegenwärtigen: das heißt: Wenn ein jedes Ding und alle Dinge das Eigentum eines einzigen Wesens sind, so kann mit Hilfe Seiner Allgegenwart einem einzelnen Wesen mit der Kraft aller Wesen der Rücken gestärkt werden und alle Dinge lassen sich so leicht erschaffen wie ein einzelnes Ding. Wir wollen diese tiefe Wahrheit durch ein Beispiel verständlich machen. Zum Beispiel: Wenn ein Land von einem einzigen König beherrscht wird, so kann dieser König kraft Gesetzes der Einheit (vahdet) seines Königreiches einen jeden Soldaten mit der Heeresmacht einer ganzen Armee stärken und so gestärkt kann ein einzelner Soldat einen Fürsten gefangen nehmen und im Namen seines Königs beherrschen und befehligen. Ferner kann dieser König, sowie er nach dem Geheimnis der Einheit (Vahidiyet) seines Königreiches einen Soldaten oder Beamten in Dienst nehmen und befehligen kann, auch ein ganzes Heer und alle seine Beamten (zusammengenommen) kommandieren und verwalten und verfügt so nach dem Geheimnis seines Königreiches über die Möglichkeit einem jeden Einzelnen alles und jeden zu Hilfe zu senden. Und so kann auch jeder Einzelne sich auf die mächtige (quvvet) Hilfe all dieser Einzelnen verlassen, d.h. von ihnen Unterstützung erhalten. Würde das Seil einer solchen königlichen Einheit gelöst, so würde sie sich in Führungslosigkeit verwandeln und so verlöre jeder Soldat plötzlich eine grenzenlose Macht und stürzte von seinem einflussreichen Posten auf die Stufe eines einfachen Mannes herab, und (solche Leute insgesamt wieder) in Dienst zu nehmen und zu befehligen würde wieder so schwierig wie (die Indienstnahme einer entsprechenden) Anzahl einzelner Mannen.

kein Ton