Brief | Zwanzigster Brief | 332
(300-352)

So sehen wir denn aufgrund dieses Geheimnisses, wenn wir die einzelnen Dinge betrachten, von denen jedes einzelne ein Wunderwerk ist, in welch Staunen erregendem Grade einfach und leicht, ohne alle Schwierigkeiten und Komplikationen, in kurzer Zeit und doch in welch wunderbarer Weise sie ins Dasein gerufen worden sind. Das heißt also, dass es ein grenzenloses Wissen gibt, welches (alle Dinge) mit grenzenloser Leichtigkeit verfertigt, usw... Entsprechend den oben erwähnten Zeichen gibt es noch Tausende anderer echter Zeichen dafür, dass jenes Wesen, welches über das All verfügt, ein allumfassendes Wissen besitzt. Er kennt (bereits im voraus) alle Dinge mit allem, was zu ihnen gehört, wonach Er sie dann gestaltet. Da aber nun einmal der Herr des Alls über ein solches Wissen verfügt, so sieht er auch mit Sicherheit die Menschen und die Handlungen der Menschen und weiß, was den Menschen gebührt und wessen sie würdig sind und handelt so an ihnen Seiner Weisheit und Barmherzigkeit entsprechend und wird dies auch (im Jenseits) tun.

Oh Mensch! Nimm deinen Verstand zusammen... merk auf, wer der ist, der um dich weiß und auf dich acht gibt, wisse dies und komm zur Vernunft!

Würdest du nun aber sagen: Das Wissen allein genügt noch nicht, auch der gute Wille (irade) ist notwendig. Fehlt es am guten Willen, wäre denn dann das Wissen allein schon genug?

So ist die Antwort: So wie alles Sein auf ein allumfassendes Wissen hinweist und es bezeugt, so weist es auch auf den alles umgreifenden Willen des Herrn hin, der über ein allumfassendes Wissen verfügt. Das ist folgendermaßen: Einem jeden Ding, besonders aber jedem lebenden Wesen wurde unter sehr vielen (oft recht) schwierigen Entstehungsmöglichkeiten durch eine bestimmte Möglichkeit, unter so vielen Sackgassen durch einen erfolgversprechenden Weg in seiner Ratlosigkeit angesichts so vieler verschiedener Formen eine so wohlgeordnete Gestalt verliehen, dass sie in unendlich vielen Hinsichten auf einen alles umgreifenden Willen hinweist. Denn die unendlich vielen Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten, die ein jedes Sein in sich enthält, die Sackgassen, die ergebnislos ins Nirgendwo führen, die unbelebten Elemente, die unberechenbar gleich einer stumpfsinnigen Sturmflut dahinbrausen, wurde mit einem hochempfindlichen Messgerät, einer Art Mikrowaage oder Mikrometerschraube, durch ein ausgeklügeltes System von Ordnung und Disziplin in eine so wohlausgewogene Form, in eine so wohlgeordnete Gestalt gegossen, dass dies notwendigerweise und ganz offensichtlich, ja geradezu greifbar auf das Vorhandensein eines allumgreifenden Willens hin. Denn die Wahl unter so unendlich vielen Formen und Möglichkeiten kann nur durch Bestimmung, Auswahl, Absicht und einen Entschluss (irade) erfolgen. Diese Bestimmung erfolgt sowohl durch eine (bestimmte) Absicht als auch durch einen (ausdrücklichen) Wunsch. Denn mit Sicherheit erfordert die Bestimmung einen, der bestimmt, die Auswahl einen, der auswählt.

kein Ton