Brief | Zwanzigster Brief | 338
(300-352)

So ist denn die Erscheinung des Erbauers des Alls in Seiner Majestät entsprechend dem tiefen Geheimnis der Zuwendung Seiner Einheit, Licht in allen Seinen Eigenschaften und leuchtend in all Seinen Namen, in der Weise, dass Er, obwohl Er doch an keinem Ort ist, doch an jedem Ort allgegenwärtig und allsehend ist. Es gibt bei Seiner Zuwendung keine Zerteilung. Im gleichen Augenblick vollbringt Er all Seine Werke ohne Mühe und Anstrengung. So geschieht es denn aus dem tiefen Geheimnis des Beistandes, der aus der Einheit des Allgegenwärtigen (Vahid), der Leichtigkeit, die aus der Einheit Seiner Schöpfung (vahdet) erwächst und der Erscheinung, die Seine Einheit (Ahadiyet) widerspiegelt, dass, wenn alles Sein auf den einen Meister zurückgeführt wird, das gesamte, pluriforme Dasein ebenso leicht und einfach wie in seiner singulären Form ins Dasein tritt. Und jede einzelne Form kann vom künstlerischen Standpunkt aus genau so kostbar sein wie alles Sein insgesamt, wie diese Tatsache durch die Kunstfertigkeit bestätigt wird, dass sich in der endlosen Fülle des Seins eine ebenso endlose künstlerische Detailarbeit selbst noch in jedem einzelnen Dasein findet. Wird jedoch das Sein nicht unmittelbar auf einen einzigen Meister zurückgeführt, so wird (die Entstehung) jeder einzelnen Form so schwierig wie die des gesamten Daseins und dieses gesamte Dasein stürzt in seinem Wert, sinkt auf den einer einzelnen Form herab. In diesem Fall entsteht entweder überhaupt nichts, oder wenn aber, würde es wertlos sein, auf die Stufe eines Nichts hinabfallen. So geschah es denn aus diesem tiefen Geheimnis heraus, dass die Sophisten als die fortschrittlichsten unter den Philosophen, weil sie ihr Gesicht von der Wahrheit abgewandt hatten, nun auf dem Wege des Unglaubens und Irrtums genau hinsahen und erkannten, dass der Weg der Abgötterei hunderttausend mal schwieriger ist als der Weg der Wahrheit und Einheit (Tauhid) und grenzenlos unverständig. Daher leugneten sie nun zwangsläufig jedwede Existenz und kündigten (so am Ende noch) ihrem Verstand.

Viertens:

Für die Kraft (qudret) des Allmächtigen (Qadier), der dieses Weltall mit Taten regiert, die wir erkennen können, ist die Erschaffung des Paradieses so leicht wie die des Frühlings und die Erschaffung des Frühlings so leicht wie die einer Blume. Und für eine Blume in ihrer künstlerischen Schönheit und das Subtile in ihrer Erschaffung gilt das gleiche wie für alles, was subtil und kostbar an einem Frühling ist. Die tiefe Wahrheit (sirr), welche dieser Tatsache zugrunde liegt, ist eine dreifache: Erstens: Die seinsgemäße Stärke (vudjub) des Meisters und Seine Unabhängigkeit Zweitens: Die Andersartigkeit in Seiner Essenz und das Fehlen einer Beschränkung Drittens: Die Unmöglichkeit (aus Gott) etwas herauszulösen oder (Ihn) zu teilenDas erste Geheimnis: Es ist eine tiefe und sehr subtile Wahrheit (sirr), dass Unabhängigkeit und Stärke (vudjub) zu unendlicher Leichtigkeit und grenzenloser Einfachheit führen. Das wollen wir nun mit einem Beispiel verständlich machen. Es ist dies wie folgt: Es gibt verschiedene Stufen des Seins (vudjud). Und es gibt im Dasein ganz verschiedene Welten. Weil sie aber voneinanderverschieden sind, kann ein Atom, das auf der einen Ebene des Daseins tief und bleibend verankert ist, auf einer anderen Ebene aber, welche eine schwächere Ebene des Daseins ist (in der es minder tiefe und bleibende Spuren hinterlässt), gleich einem Berg sein und in diesem Berg enthalten sein. Zum Beispiel: Die Erinnerungsfähigkeit in unserem Kopf, die in dieser von uns bezeugten Welt etwa die Größe eines Senfkorns ausmacht, kann in der Welt der (Ideen) und Bedeutungen den Daseinszustand einer ganzen Bibliothek annehmen.

kein Ton