Brief | Dreiundzwanzigster Brief | 386
(381-390)

Was hingegen die Ungeduld betrifft, so enthält sie eine Vorwurf gegen Gott, woraus eine Kritik an Seiner Handlungsweise, eine Klage gegen Seine Barmherzigkeit (rahmet) und eine Missachtung Seiner Weisheit (hikmet) resultiert. Denn der Mensch weint in der Tat in seiner Schwäche und Hilflosigkeit, wenn er sich über einen Schicksalsschlag beklagt. Doch sollte er seine Klage vor Ihm ausschütten und nicht gegen Ihn. Seine Worte sollten so sein wie die des ehrenwerten Jakob, mit dem der Friede sei:

»Fürwahr ich schütte meine Klage und meinen Kummer vor Gott aus.« (Sure 12, 86)

Das heißt, man sollte seine Klage vor Gott ausschütten statt: »Ach und oh weh!« zu stöhnen und zu sagen: »Was habe ich denn getan, dass dies über mein Haupt gekommen ist.« so als wolle er sich vor den Menschen über Gott beklagen. Auf diese Weise das Mitleid der Menschen zu erregen, ist negativ und sinnlos.

Die dritte Art von Geduld ist die Geduld im Dienst und in der Anbetung (ibadet). Diese Form von Geduld erhebt ihn zu der Stufe eines Geliebten (maqam-i mahbubiyet). Sie führt schließlich (auf die Stufe) eines vollkommenen Dieners (ubudiyet), welches die höchste Stufe (maqam) ist.

Ihre fünfte Frage: Man nimmt im allgemeinen an, dass das Alter, in dem (das Kind) zu eigener Verantwortlichkeit heranreift (mukellefiyet), das fünfzehnte Lebensjahr ist. In welcher Form verrichtete der Ehrenwerte Prophet, mit dem Friede und Segen sei, damals das Gebet (ibadet), noch ehe er zum Propheten berufen worden war (und damit die genauen Anweisungen dazu erhalten hatte)?

Antwort: Er betete entsprechend der alten religiösen Tradition, so wie sie sich hinter vielen Schleiern verborgen in Arabien seit der Zeit des Ehrenwerten Ibrahim, mit dem der Friede sei, erhalten hatte. Dies geschah damals jedoch nicht als Pflicht (farz) oder Zwang, sondern freiwillig und aus seiner eigenen positiven Haltung zum Gebet heraus. Doch das ist eine lange Geschichte, weshalb ich mich hier kurz fassen möchte.

Ihre sechste Frage: Was war die Weisheit (hikmet) hinter dem Umstand, dass die Zeit seines Prophetentums erst in seinem vierzigsten Lebensjahr begann, dem Jahr, das als das Jahr der Reife und Vollendung angesehen wird, während doch die gesamte Spanne seines Lebens nur dreiundsechzig Jahre betrug?

kein Ton