Brief | Sechsundzwanzigster Brief | 457
(427-475)

In gleicher Weise schneiden die Theologen die Kette der Ursachen am Ende der Welt bei der Unmöglichkeit ihrer Umkehrung ab und beweisen damit das Sein dessen, der da notwendigerweise sein muss (Vadjib-ul-Vudjudun vudjudunu). So folgen sie einem langen Weg. Was aber die Hochstraße des Weisen Qur’an betrifft, so findet und schöpft er Wasser überall. Jede seiner Ayat schlägt wie der Stab des Mosis überall und lässt lebendiges Wasser empor strömen. Das lässt jedes Ding den folgenden Grundsatz rezitieren:

»und in jedem Ding findet er ein Zeichen, das beweist, dass Er ein Einziger ist.«

Des Weiteren gehört zum Glauben nicht nur das Wissen; im Glauben verbunden sind auch noch all die vielen feinsinnigen Organe (des Menschen). So wie Nahrung in den Magen gelangt und von dort über die verschiedenen Venen in die einzelnen Organe verteilt wird, so gelangen auch die Dinge des Glaubens, welche durch Wissen erworben wurden, nachdem sie durch den Magen des Verstandes gegangen sind, in den Geist (ruh), das Herz, die innere Wahrnehmung (sir), die Seele (nefs) usw. und jedes (Organ) erhält seinen Anteil und nimmt ihn in sich auf. Wenn nicht jedes seinen Anteil erhält, ist (die Versorgung des menschlichen Organismus) nur mangelhaft. In dieser Weise gab also Muhyi-d’Din Arabi seine Erklärung für Fahru-d’Din Rasi ab.

»Wir haben die Söhne Adams geehrt.« (Sure 17, 70)

»Er war in der Tat ungerecht und unwissend.« (Sure 33, 72)

In welcher Weise können diese beiden Ayat miteinander in Übereinstimmung gebracht werden?

Antwort: Im Elften und im Dreiundzwanzigsten Wort und in der Zweiten Frucht am Fünften Ast des Vierundzwanzigsten Wortes folgt die Erklärung dazu. Hier eine Zusammenfassung dieser Wahrheit (sirr):

Gott der Gerechte in Seiner Allmacht (qudret) formt viele Dinge aus einem einzigen Ding, lässt sie viele Aufgaben versehen und schreibt tausend Bücher auf eine einzige Seite. Genauso erschuf er auch den Menschen als eine Konzentration in seiner Art statt vieler verschiedener Arten. Das heißt, Er wollte, dass durch den Menschen in einer einzelnen Art so viele Funktionen ausgeübt würden, wie sie der Zahl der Arten, Gruppen und Familien all der verschiedenen Tierarten entspricht. Daher hat Er den Sinnen und Fähigkeiten des Menschen von Natur aus keine Grenzen gesetzt, ihnen von Natur aus keine Fesseln angelegt, sondern ihn frei gelassen. Die Sinne und Fähigkeiten der Tiere sind begrenzt. Ihre Natur ist gebunden, während hingegen eine jede der menschlichen Kräfte über eine unendliche Entfernung frei in Richtung Ewigkeit zu schweifen vermag. Denn da der Mensch ein Spiegel der unendlichen Manifestationen der Namen des Schöpfers des Universums ist, wurde auch seinen Kräften (kuva) eine grenzenlose Fähigkeit zu deren Entfaltung gegeben.

kein Ton