Brief | Sechsundzwanzigster Brief | 458
(427-475)

Wenn dem Menschen in seiner Gier z.B. die ganze Welt gegeben würde, sagte er doch

»Gibt es denn da nicht mehr?« (Sure 50, 30)

Des Weiteren findet er es in seinem Egoismus für annehmbar, dass Tausend Leute zu seinem eigenen Nutzen Schaden erleiden sollten usw... Es gibt grenzenlose Möglichkeiten, sich im Bereich seiner schlechten Gesinnung zu verbreiten. Er kann selbst die Stufe eines Nimrod oder Pharao erreichen. In Übereinstimmung mit dem Elativ der Ayah am Anfang des Kapitels ist er besonders ungerecht. In gleicher Weise liegt es auch in seiner Fähigkeit, grenzenlose Fortschritte in seiner guten Gesinnung zu machen und sich bis zur Stufe der Propheten und Seiner Getreuen zu entfalten. Des Weiteren ist der Mensch im Gegensatz zu den Tieren unwissend in Bezug auf alle lebensnotwendigen Dinge und muss alles erst noch lernen. Da er unendlich viele Dinge braucht, ist er in Übereinstimmung mit dem obigen Elativ der gleichen Ayah besonders unwissend. Was aber das Tier betrifft, so braucht es, sobald es zur Welt kommt nur ganz wenige Dinge. Ferner kann es die Dinge, die es braucht, um alle Bedingungen seines Lebens (zu meistern), in ein, zwei Monaten, ein, zwei Tagen, ja sogar in nur ein, zwei Stunden erlernen. Es ist, als habe es schon in einer anderen Welt Vollkommenheit erlangt und sei nun mit ihr hier angelangt. Doch der Mensch kommt erst in ein, zwei Jahren auf die Beine und lernt erst mit fünfzehn zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Der Elativ »besonders unwissend« zeigt dies an.

Vierte Fragestellung

»Erneuert euren Glauben durch: Es gibt keine Gottheit außer Gott.«

Du fragst nach dem Sinn dieser Hadith.

Die Weisheit (dieser Hadith) wurde schon in vielen »Sözler« (Worten) erwähnt. Ihr Geheimnis und einer ihrer Aspekte ist der folgende:

Da sich der Mensch und seine Welt ständig erneuern, bedarf auch sein Glaube einer beständigen Erneuerung. Denn in jeder einzelnen Person kann man sich viele einzelne Persönlichkeiten vorstellen. Je nach der Anzahl seiner Jahre, ja nach der Anzahl seiner Tage, ja sogar nach der Zahl der Stunden kann man ihn stets wieder als eine andere Persönlichkeit betrachten. Denn da der Mensch der Zeit unterworfen ist, gilt er jeweils einer bestimmte Persönlichkeit als Modell, das sich jeden Tag mit einer anderen Persönlichkeit bekleidet.

Ferner gibt es gleich der Multiplizität und Erneuerungsfähigkeit im Menschen selbst, auch eine Mobilität in der Welt, in der er lebt. Sie vergeht, während eine andere an ihre Stelle tritt. Sie verändert sich ständig. Jeden Tag öffnet eine neue Welt ihre Pforten.

kein Ton