Brief | Neunundzwanzigster Brief | 578
(528-621)

Meine Brüder! Einer der gefährlichsten Aspekte des Egoismus in unserem Werk ist der Neid. Geschieht etwas nicht pur um Gottes willen, so tritt der Neid dazwischen und zerstört alles. Wie die Hand eines Menschen nicht neidisch auf seine andere Hand sein kann und sein Auge nicht auf sein Ohr und das Herz nicht in Streit treten kann mit dem Verstand, so ist auch ein jeder von euch ein Sinn, ein Glied innerhalb einer geistigen Körperschaft, dessen Ganzheit ihr alle formt. Es geht nicht darum, miteinander in Streit zu liegen. Vielmehr solltet ihr im Gegenteil stolz sein auf die gemeinsamen guten Eigenschaften. Sich über sie zu freuen ist eine grundlegende Gewissenspflicht.

Aber es gibt da noch ein Ding das bleibt und äußerst gefährlich ist: untereinander und unter euren Freunden Eifersucht gegenüber diesem euren armen Mitbruder zu empfinden, ist äußerst gefährlich. Es gibt unter euch auch einige sehr bedeutende Wissenschaftler. Bei einem Teil dieser Wissenschaftler finden sich solche, deren Selbstgefälligkeit ihnen allzusehr aus ihrer Bildung erwächst. Auch wenn diese ganz allgemein gesehen doch recht bescheiden sein mögen, so sind sie doch gerade in dieser Hinsicht ziemlich selbstgefällig. Sie können diese Selbstgefälligkeit nicht so schnell aufgeben. Wie sehr sich auch Herz und Verstand (an die Risale-i Nur) anklammern mögen, ihre Seele (nefs) sucht doch hinsichtlich ihrer Selbstgefälligkeit in der Wissenschaft einen Vorrang, um sich selbst verkaufen zu können, ja sogar, um über die abgehandelten und niedergeschriebenen Themen disputieren zu können. Und wenn auch ihr Herz diese Abhandlungen liebt und sie sich verstandesmäßig für sie begeistern und sie als erhaben einschätzen, wünscht ihre Seele (nefs), als nährte sie eine heimliche Feindschaft gegen sie, wegen ihrer Selbstgefälligkeit auf Grund ihrer Bildung, die Herabsetzung der Worte (Sözler), sodass der Ertrag ihres Denkvermögens mit ihnen konkurrieren und gleich ihnen verkauft werden könne. Dabei muss ich ihnen doch gezwungenermaßen folgendes mitteilen:

Selbst wenn diese (Leute) in den Kreisen qur’anischer Unterweisung Koryphäen der Wissenschaft und der Rechtsgelehrtheit wären, so besteht doch ihre Aufgabe in theologischer Hinsicht lediglich darin, die bereits niedergeschriebenen Worte (Sözler) zu erklären und zu erläutern und sie zu ordnen. Denn auf Grund sehr vieler Hinweise ist uns klar geworden, dass wir mit der Aufgabe betraut worden sind, Etwas herauszugeben, die sich auf die verschiedenen Glaubensartikel beziehen. Wenn irgendjemand aus unserem Kreis auf Grund eines Gefühls, das ihm aus seiner Selbstgefälligkeit hinsichtlich seiner Bildung erwächst, etwas schreibt, das außerhalb der Erläuterungen und Erklärungen (der Risale-i Nur) liegt, so gilt dies als ein eiskaltes Konkurrenzbestreben oder als der fehlerhafte Versuch einer Nachahmung. Ist doch anhand vieler Beweise und Zeichen erwiesen, dass die einzelnen Abschnitte der Risale-i Nur Tropfen aus dem Qur’an sind, denn in Übereinstimmung mit dem Gesetz der Arbeitsteilung, hat jeder von uns eine Aufgabe übernommen, indem wir uns darum bemühen, dass die Tropfen vom Wasser des Lebens, die (aus dem Qur’an) hindurchgesickert sind, für einen jeden erreichbar gemacht werden können, der ihrer bedarf!...

kein Ton