Brief | Neunundzwanzigster Brief | 582
(528-621)

dafür hergerichtet hatte. Man sagte also zu mir: »Warum rezitierst du den Ruf zum Gebet in arabischer Sprache und wieso versuchst du das geheim zu halten?« Da war denn doch meine Geduld erschöpft. So richte ich mich denn nicht etwa an diese unzivilisierten, gottlosen (Leute), die einer Antwort gar nicht wert sind, sondern an den pharaonengleichen Vorstand einer Gesellschaft, der mit einer geradezu despotischen Willkür mit dem Schicksal einer ganzen Nation spielt, (mit dem Ruf): »Oh ihr Leute einer ketzerischen Neuerung (bid’a) und der Gottlosigkeit (ilhad)!... Ich erwarte eine Antwort auf (die folgenden) sechs Fragen.

Erstens: Jede Regierung in der Welt, jedes Volk und jeder Stamm, ja selbst ein Stamm Menschenfleisch essender Kannibalen, ja sogar ein Räuberhauptmann in all seiner Wildheit und Grausamkeit herrscht und regiert auf seine Weise und urteilt nach seinen Prinzipien. Ihr aber, nach welchen Prinzipien führt ihr diese außerordentlichen Angriffe aus? Legt mir die Artikel eures Gesetzes vor! Oder akzeptiert ihr die willkürlichen Einfälle einer Handvoll niederträchtiger Beamter? Denn für ein solches privates Gebet gibt es kein Gesetz und kann es ein solches Gesetz nicht geben!...

Zweitens: Auf welche Macht stützt ihr euch und woher nehmt ihr diese Unverschämtheit, das Prinzip der »Freiheit des Gewissens« zu verletzen, das fast überall in der Menschheit herrscht, besonders in diesem Zeitalter der Freiheit und in zivilisierten Kreisen, es auf die leichte Schulter zu nehmen und auf diese Weise indirekt die Menschheit zu verletzen und ihre Vorstellungen zurückzuweisen? Was für eine Macht gibt es denn, dass ihr, obwohl ihr euch doch Laien nennt und behauptet, ihr wolltet euch nicht in Glaube noch Unglaube einmischen, die Religion und die religiösen Menschen in einer Weise angreifen könnt, als hättet ihr die Glaubenslosigkeit in geradezu fanatischer Weise für euch selbst zu eurer Religion gemacht, was sicherlich nicht verborgen bleiben wird?!... Danach werdet ihr noch einmal gefragt werden... Was für eine Antwort werdet ihr dann geben?... Obwohl ihr noch nicht einmal gegen einen Einwand auch der kleinsten von zwanzig (verschiedenen internationalen) Regierungen standhalten könnt, versucht ihr dennoch gewaltsam die Freiheit des Gewissens zu verletzen, als ob ihr die Einwände von zwanzig Regierungen vollständig missachten wolltet.

kein Ton