Brief | Neunundzwanzigster Brief | 583
(528-621)

Drittens: Welchem Prinzip entsprechend fordert ihr, dass Leute wie ich, die der Rechtsschule der Schafis folgen, eine irrige Fetwa annehmen sollen, die einige schlechte Gelehrte, die ihr Gewissen an die Welt verkauft haben, im Widerspruch zur Lauterkeit und Erhabenheit der Hanefitischen Rechtsschule erlassen haben?... Wenn nun, nachdem die Rechtsschule der Schafis geschlossen worden ist, die doch einige Millionen Anhänger hat, jetzt alle der Hanefitischen Schule folgen müssen und mir dies in diktatorischer Weise auferlegt wird, so könnte man vielleicht sagen, dass dies ein Prinzip areligiöser Menschen ist, wie ihr es seid. Andernfalls ist es (ein Akt) der Willkür und der Gemeinheit. Wir aber folgen nicht derartigen Willkürakten von Leuten wie diesen und wir erkennen sie auch nicht an!

Viertens: In Übereinstimmung mit welchen Prinzipien verlangt ihr denn durch eine verfälschte, ketzerische (bid’a) Fetwa den Aufruf zum Gebet (iqama) in türkischer Sprache, auf eine Weise, die nationalen türkischen Interessen vollkommen widerspricht, welche pur religiös und voll Respekt gegenüber dem Glauben sind und sich schon in alten Zeiten mit dem Islam vereint und vermischt haben, im Namen sogenannter national türkischer (Interessen), welche (in Wirklichkeit) nur fränkische Interessen (d.h. also eine verwestlichte Gesinnung) sind, von solchen, die wie ich doch einem anderen Volk angehören? Obwohl ich in der Tat freundschaftliche und brüderliche Beziehungen mit wahren Türken unterhalte, habe ich doch in gar keiner Hinsicht irgendeine Beziehung mit solchen national türkisch gesinnten Anhängern der Franken (d.h. der Verwestlichung), wie ihr es seid. Wie könnt ihr auch so etwas von mir verlangen? und nach welchem Gesetz?... Falls ihr etwa den Kurden ihr Volkstum aberkennen wolltet, deren es Millionen gibt und die seit Tausenden von Jahren ihr Volkstum und ihre Sprache nicht vergessen haben und welche von Alters her die treuen Volksgenossen und Kampfgefährten der Türken sind, und wenn ihr wollt, dass sie nun ihre Sprache vergessen sollen, dann könnte vielleicht eure Forderung gegenüber solchen, die wie ich einem anderen Volk zugezählt werden, in Übereinstimmung mit irgendeiner Art grausamem Prinzip sein. Andernfalls wären sie rein willkürlich. Diesen völlig willkürlichen Launen einiger Individuen sollte man nicht folgen und wir werden ihnen auch nicht folgen!

Fünftens: Eine Regierung mag gegenüber ihren Staatsbürgern und gegenüber denjenigen, die sie als ihre Bürger ansieht, alle Gesetze in Anwendung bringen; aber sie kann diese Gesetze nicht gegenüber denjenigen anwenden, die sie nicht als ihre Bürger anerkennt. Denn sie können sagen: »Da wir nicht eure Bürger sind, seid ihr auch nicht unsere Regierung!«

Ferner kann keine Regierung zwei Strafen zu gleicher Zeit verhängen.

kein Ton