Brief | Zwanzigster Brief | 327
(300-352)

So ist denn dieser Fluß allen Seins überaus weisheitsvoll in Barmherzigkeit und Güte gestaltet, strömt von einem überaus großen Wissen, erfüllt von Weisheit und Wohlordnung und einer überaus großen Barmherzigkeit, zieht von der Quelle bis zur Mündung in Liebe (shefqat) und Ausgewogenheit, voll Weisheit, getragen von Zielstrebigkeit und Zweckmäßigkeit, dahin. Das heißt also, dass ein Allmächtiger (Qadir) in Seiner Majestät (Djelal), ein Allweiser (Hakiem) in Seiner Vollkommenheit (Kemal) den einzelnen Gruppen allen Seins, den einzelnen Exemplaren in diesen Gruppen und den Welten, die sich aus diesen Gruppen bilden, ständig Leben schenkt und ihnen Aufgaben erteilt und sie dann nach Seiner Weisheit wieder entläßt, ihnen nun den Tod schenkt und sie wieder in die Welt des Unsichtbaren schickt. Er führt sie aus dem Bereich der Macht (qudret) in den Bereich des Wissens (ilm).

Ja wäre es denn möglich, dass derjenige, der nicht dazu in der Lage ist, das All in seiner Gesamtheit zu lenken, dessen Herrschaft (hukum) nicht alle Zeiten umfaßt, dessen Macht (qudret) über Leben und Tod nicht alle Welten genau so erfaßt, wie jedes einzelne Lebewesen, der nicht jeden Frühling ins Leben rufen könnte, als sei er nur eine einzelne Blume, mit der er das Antlitz der Erde schmückt und die er schließlich im Tode wieder pflückt und zu sich nimmt, der Herr über Sterben und Tot sein sollte?... So ist es denn in der Tat notwendig, dass der Tod selbst noch des kleinsten Lebewesens genau so wie sein Leben sich nach dem Gesetz, nach dem Willen, auf Befehl, in der Kraft, in dem Wissen des Herrn in Seiner Majestät (Dhat-i dhu-l’Djelal) vollzieht, in dessen Hand alle Wahrheit des Lebens und jede Art des Todes liegt.

Achtes Wort:


»Und Er ist der Lebendige, der nicht stirbt.«

Das heißt, sein Leben ist immerwährend und währt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Tod und Verfall, Untergang und NichtmehrSein betreffen Ihn nicht. Denn das Leben ist Teil Seines Wesens. Was aber zu Seinem Wesen gehört, kann niemals vergehen. Was von Urewigkeit her besteht, das wird in der Tat auch in Ewigkeit weiter bestehen. Was ohne Anfang (qadim) ist, wird sicherlich auch ohne Ende (baqi) sein. Der da notwendigerweise sein muss (vadjibu-l’vudjud), ist sicherlich auch von ewigem Bestand. Wie könnte denn in der Tat ein Leben, neben dem alles Sein in all seinen Arten nur noch ein Schatten ist, vom NichtSein bedroht sein? Es kann ja in der Tat ein Leben, von dem alles Dasein abhängig und die Hoffnung aller Notwendigkeit ist, sicherlich in keiner Weise von Untergang und Verfall bedroht sein. In der Tat kann ein Leben, durch dessen Erscheinung alles, was da lebt, ins Dasein tritt und auf das sich jede beständige Wirklichkeit des Alls stützt, aus ihm seine Beständigkeit erhält, sicherlich in gar keiner Weise von Untergang und Zerfall bedroht sein.

kein Ton