Brief | Neunundzwanzigster Brief | 587
(528-621)

Darüber hinaus sind die fränkischen Lande der Herrschaftsbereich der allerchristlichsten Majestäten. Da dies nicht die Umgebung ist, in der der Geist des Gesetzes und die heilige Sprache ganz allgemein in wortloser Weise (lisan-i hal) zum Ausdruck gebracht, übermittelt, spürbar gemacht werden kann, musste man notwendigerweise die heilige Bedeutung den heiligen Worten vorziehen. Um dieser Bedeutung willen hat man schließlich auf die Worte verzichtet.

So hat man denn das kleinere Übel gewählt. Handelt es sich aber statt dessen um ein Daru-l’Islam, so unterweist allein schon die Umgebung die Leute des Islam auf nonverbale Weise in der sinngemäßen Zusammenfassung der heiligen Worte. Die islamische Tradition und die islamische Geschichte, alle islamischen Kennzeichen und die Gespräche der Leute des Islam über die Grundpfeiler des Islam lehren die Leute des Glaubens ständig die kurz zusammengefasste Bedeutung der heiligen Worte. In diesem Lande sind neben den Moscheen und Medressen selbst noch die Grabsteine in den Friedhöfen gleich Lehrern, die diese heiligen Inhalte den Leuten des Glaubens einprägen und sie in Erinnerung rufen. Fällt denn etwa ein Mann, der sich selbst einen Muslim nennt und um irgendeines irdischen Vorteils willen, wenn er täglich fünfzig Worte irgendeiner fränkischen Sprache auswendig lernt, dabei aber solch heilige Worte wie »Gepriesen sei Gott!«, »Dank sei Gott!«, »Es gibt keine Gottheit außer Gott.« und »Gott ist groß.«, die in fünfzig Jahren täglich fünfzig Mal wiederholt werden, nicht lernt und ihre Bedeutung nicht kennt, nicht fünfzig Mal tiefer als ein Tier? Diese Heiligen Worte können nicht für derartige Tiere übersetzt, verfälscht und (aus dem islamischen Wortschatz) gestrichen werden! Sie umzuwandeln und auszustreichen hieße alle Gräber einzuebnen und die Bewohner dieser Gräber, die ob einer solchen Beleidigung zittern, gegen sich aufzubringen. Die schlechten religiösen Führer, die durch die Leute des Unglaubens verführt worden sind, sagen nun, um das Volk zu täuschen, dass Imam A’dham im Gegensatz zu allen anderen Imamen gesagt hat: »Wenn in entfernten Landen die Not es erforderlich macht, ist es für diejenigen, die des Arabischen nicht mächtig sind, keineswegs verboten, an Stelle dessen die Suratu-l’Fatiha auch in persischer Übersetzung zu rezitieren.« Wenn das aber so ist, dürfen denn dann nicht auch wir, wenn wir doch auch in Not sind, auf Türkisch beten?... Antwort: Gegen diese Fetwa des Imam-i A’dham haben die bedeutendsten der führenden Autoritäten, wie auch die zwölf leitenden Imame (der vier Rechtsschulen) eine Fetwa erlassen. Die große Straße der Islamischen Welt ist die Straße all dieser Imame. Die islamische Gemeinde (umma) in ihrer großen Masse bewegt sich auf dieser Großen Straße. Solche, die sie durch eine andere, besondere, enge Straße leiten wollen, führen sie in die Irre.

kein Ton