Brief | Neunundzwanzigster Brief | 608
(528-621)

Sie werden darüber nicht stolz, vielmehr dankbar und (vermehren statt dessen) ihren Dienst und ihre Anbetung. Viele von ihnen haben sich gewünscht, dieser Zustand möge verborgen bleiben oder aufhören, da sonst die Reinheit ihres Tuns beschmutzt werden könnte. Die bedeutendste göttliche Gnade (ihsan) für einen (bei Gott) angesehenen Menschen besteht in der Tat darin, ihn Seine Gnadengaben (und Vorzüge) nicht verspüren zu lassen, damit er nicht vom Bitten zum Fordern und von der Dankbarkeit in den Stolz überwechseln möge. So ist es denn auf Grund dieser Wahrheit, dass solche die nach Gottesfreundschaft und (dem Weg) im Orden streben, wenn sie dies denn tun, weil sie sich ein paar Tropfen, die aus dieser Gottesfreundschaft heraussickern, ein wenig Freude und (vielleicht) ein paar Wunder erhoffen, sich diesen Dingen zuwenden und sie willkommen heißen, sie sodann mit der Möglichkeit, diese immerwährenden Früchte des Jenseits in einer vergänglichen Welt auf eine vergängliche Weise zu verzehren, zugleich die Aufrichtigkeit als Hefe der Gottesfreundschaft verlieren, womit sich zugleich der Weg öffnet, dass diese Gottesfreundschaft wieder von ihnen entweicht. Siebente Andeutung: Besteht aus vier Anmerkungen. Erste Anmerkung: Die Schari’ah ist unmittelbar, schattenlos und unverschleiert das Ergebnis einer Ansprache Gottes im Geheimnis Seiner Einheit (ahadiyet) und absoluten Herrschaft. Die höchsten Stufen auf dem Weg des Ordens und der Wahrheit gelten als Teile der Schari’ah. Oder sie gelten stets als Mittel, als eine Einführung, eine Hilfe (für das Gesetz). Ihr Ziel sind die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz. Das heißt, um zu den Wahrheiten des Gesetzes zu gelangen, sind Weg und Wahrheit des Ordens ein Mittel, eine Hilfe, eine Sprossenleiter, um dann auf der höchsten Stufe in die Bedeutung der Wahrheit und das Geheimnis des Ordens in der Seele des Gesetzes verwandelt zu werden. Dort werden sie dann zu Bestandteilen des großen Gesetzes. Anderenfalls wäre es nicht recht, wie einige Mystiker meinen, sich vorzustellen, die Schari’ah sei nur die äußerliche Schale und die Wahrheit ihr Inneres, ihr Ziel und Ergebnis. Nun ist in der Tat die Entfaltung des Gesetzes entsprechend den verschiedenen Schichten der Menschen höchst unterschiedlich. Es wäre jedoch falsch, anzunehmen, was die Masse des Volkes sich so vorstellt, sei jener äußere Aspekt der Schari’ah, den sie ihre Wahrheit nennen und die Bezeichnung »Wahrheit« und »Orden« den verschiedenen Stufen des Gesetzes zu geben, welche sich nur für die Elite entfalten. Das Gesetz hat aber verschiedene Stufen, die sich an alle Volksschichten wenden. So entspricht es denn diesem Geheimnis, dass die Leute des Ordens und die Wahrheitssucher, je nachdem, wie weit sie bereits fortgeschritten waren, sich mehr und mehr nach der Wahrheit der Schari’ah sehnten, von ihr fasziniert waren und ihr folgten. Selbst noch die kleinste Gelobte Sitte betrachteten sie als ihr höchstes Ziel, bemühten sich, ihr zu folgen und ihr nachzueifern. Denn in welchem Grade auch immer Offenbarung höher ist als Inspiration, genauso ist auch die Praxis des Gesetzes, welche die Frucht der Offenbarung ist, um so viel höher und wichtiger als die Praxis des Ordens als Frucht der Inspiration.

kein Ton