Brief | Neunundzwanzigster Brief | 609
(528-621)

Deswegen ist es auch die wichtigste Basis für den Orden, der Gelobten Sitte zu folgen. Zweite Anmerkung: Der Weg des Ordens und der Wahrheit sollte nicht über seine Funktion, ein Mittel zu sein, hinausgehen. Wenn sie selbst sich zum Ziel und Zweck steigern, dann bleiben die Gesetze und die Praxis der Schari’ah und die Befolgung der Gelobten Sitte eine bloße Formel, während zugleich sich das Herz in eine andere Richtung wendet. Das heißt, man denkt mehr an seinen Kreis für Gottes Gedenken (dhikr), als an das Gebet (namas). So fühlt man sich mehr zu diesem Gedenken (dhikr) hingezogen als zu den Geboten Gottes, ist mehr damit beschäftigt, eine Übertretung der Regeln des Ordens zu vermeiden, als sich vor einer schweren Sünde zu hüten. Dementgegen kann das Gedenken (dhikr) des Ordens nicht ein Äquivalent für das Gebet (namas) sein, das zu den Pflichten (fard) des Gesetzes gehört. Es kann nicht dessen Platz einnehmen. Die Regeln für das Verhalten im Orden und die Anrufungen der Mystiker sollten eine Tröstung sein und ein Mittel zu wahrer innerer Freude innerhalb dieser pflichtgemäßen Handlungen (fard), nicht aber deren Quelle. Das heißt, das Kloster sollte (dem Sufi) die Gelegenheit geben, seine Freude beim Gebet in der Moschee zu empfinden und dabei auch auf die rechte Haltung im Gebet (namas) zu achten. Einer, der seine Gebete in der Moschee als eine bloße Formalität herunterhaspelt und dabei glaubt, er könne auf diese Weise die wahre innere Freude und Vollkommenheit im Kloster finden, entfernt sich (auf diese Weise) von der Wahrheit... Dritte Anmerkung: Manchmal wird danach gefragt, ob ein Orden außerhalb der Gelobten Sitte und den Gesetzen der Schari’ah möglich sei. Antwort: So etwas gibt es und gibt es dennoch nicht. Es gibt so etwas, denn einige vollendete Gottesfreunde wurden durch das Schwert der Schari’ah hingerichtet. Und zugleich gibt es das nicht, denn die Forscher unter den Gottesfreunden sind unter dem Gesetz von Sa’d-i Schirasi übereingekommen:

»Es ist unmöglich, Sa’di, auf dem Weg der Glückseligkeit siegreich zu sein, außer dem, der Mustafa (= der Auserwählte) folgt.«

Das heißt, für jemanden außerhalb der großen Straße des Ehrenwerten Propheten, mit dem Friede und Segen sei, der ihm nicht nachfolgt, ist es unmöglich, die wahren Lichter der Wahrheit zu erlangen. Das Geheimnis in dieser Angelegenheit ist folgendes:

Da nun einmal der Ehrenwerte Prophet, mit dem Friede und Segen sei, das Siegel der Propheten und der Ansprechpartner Gottes für das Ganze Menschengeschlecht ist, kann das Menschengeschlecht nicht außerhalb seiner Straße gehen und muss sich daher unter seiner Fahne sammeln.

kein Ton